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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

verseufzten ungetheilte oder ungekannte Klagen zu Vincennes und in der Bastille, oder in einer unerträglichen Verweisung, und die zahlreichste und nützlichste Klasse, zwar vor Blitzen, die unmittelbar vom Thron ausströmten, durch ihre Entfernung sicher, war es destominder vor grausamen Bedrückungen zügelloser Unterdespoten, und schien mehr und mehr fühllos zu werden gegen lange gewohntes Elend, oder seine höchste Stufe zu erwarten, um mit den Kräften der Verzweiflung loszubrechen.

Die Uebermacht, auf Ungerechtigkeiten und Misbräuche gestüzt, bedarf, um sich zu erhalten, neuer Misbräuche und neuer Ungerechtigkeiten. Einmal jenseits der Schranken der Gesetze, wird sie durch ihre eigne Schnellkraft immer näher an den Abgrund hingerissen, in den sie früher oder später stürzen muß. Die Sitten des Hofs entarteten in eine schaamlose Ausgelassenheit, die Ehre war nichts mehr als ein falscher Begriff, die Verschwendung war ohne Gränzen, und das Wohl des Staats diente blos zum Vorwand neuer Bedrückungen. Zwar hatte Mangel an Energie bei mildern Sitten jene große Verbrechen, wie die große Tugenden, geächtet, welche das Zeitalter einer Katharine von Medicis auszeichneten: aber alle niedrige, verächtliche Laster herrschten um so ausgebreiteter, und einige trugen sogar die Schminke der Liebenswürdigkeit. Von da bis zu schwarzen Verbrechen

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 43. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft12_043.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)