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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält

Mach geschwind, daß du jezt noch fertig wirst, dann kannst du sie ihr zeigen.

Luise. (Sezt sich hin und stickt; Lucie sezt sich ans Fenster mit einer weiblichen Arbeit.) Ja? das ist gut, liebes Mühmchen, daß du mir das erlaubst. Ich denke immer, Mutter wird keine Freude daran haben, weil ichs heimlich gethan habe. Und das Blümchen ist doch so hübsch!

Lucie. Kind! Die Mutter wird gewiß Freude haben, denn dafür thaten wirs ja. Und wenn das Blümchen nicht so hübsch wäre, sie hat doch Freude, daß ihr Luischen so fleißig und so geschickt war. Siehst du, Gutes kann man wohl heimlich thun; man hat dann auch eine heimliche Freude darüber. Die Leute wollen nur immer heimlich Böses thun, weil sie sich schämen, daß es andre Leute sehen; aber Freude haben sie doch nicht daran, und niemand!

Luise. Es ist gar zu hübsch – und die natürlichen Farben, wie die Rosen draußen am Fenster, die so schön riechen – Mühmchen, den Geruch haben wir doch vergessen!

Lucie. Den kann man auch nicht sticken, liebes Herz, weil man ihn nicht sieht.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft12_079.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)