Seite:De Thalia Band3 Heft9 070.jpg

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Ich der letzte Zweig aus einem edeln Stamm, mußte in finstrer Nacht, ein armes halb nacktes Kind, aus meiner eignen Burg entfliehen, scheiden von meinem sterbenden Vater mit einem halben Segen – denn Homburgs Schwertgetümmel übertönte die segnenden Worte! So floh ich mit einem Knappen, und wurde eines Knechtes Sohn. Freudenleer und finster verflossen meine jungen Tage. Ich hörte daß Homburg dich aus dem Stifte genommen, über dich zu wachen kam ich auf seine Burg. Zwölf Jahre mußt’ ich sklavisch dem Räuber meines Glückes fröhnen, bis Landessitte mir ein Recht zur offenen Fehde gab. Auf jener Warte stand ich oft in herber Kälte, und bewachte in meiner Burg den Mörder meines Vaters. – Aber die Rechnung ist nun voll, und ich will strenge Zahlung.

Mathilde. (erschrocken) Unglücklicher! Soll Homburgs Blut –

Konrad. Sein Blut soll mich bezahlen, meine Schmach abwaschen!

Mathilde. Wie schrecklich ist der Sturz von Hoffnung zu Verzweiflung! – O Bruder,
dein Eisen würde auch meine Brust durchbohren. Mit dem letzten Hauche seines Lebens verlöscht auch das meinige.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 70. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft9_070.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)