Seite:De Volkssagen Pommern 036.jpg

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Das Gesinde erschrak sehr, ergriffen sie beim Leibe und wollten ihr die Sense nehmen, konnten das aber nicht, und standen lange und warteten, ob es nicht wollte besser mit ihr werden. Darum riefen sie sie an und ermahnten sie, daß sie sich möchte zu Jesum Christum bekennen und ihn um Gnade bitten, so werde er ihr helfen. Aber sie konnte nicht antworten und nicht einmal ein Zeichen von sich geben, bis sie nach einer Weile plötzlich niederstürzte und todt war. Als solches Wunderwerk ist lautbar geworden im Lande, da haben Alle, die es gehört, den wahren Gott erkannt, und haben sich taufen lassen und sind Christen geworden, also daß der heilige Otto vierzehn Wochen lang in Cammin bleiben mußte, um alle zu taufen, die sich meldeten.

Kantzow, Pomerania, I. S. 98.
Micrälius, Altes Pommerland I. S. 149.
Kanngießer, Gesch. v. Pomm. S. 600-602.
Joh. Bugenhagii Pomerania, p. 89.


19.[1] Sanct Otto in Julin, und Bogdal.

Von Cammin zog Sanct Otto zu Wasser nach Julin. Allda kam er des Abends an. Weil es aber bekannt war, daß die Juliner keinen Christen in ihrer Stadt duldeten, und weil der Bischof bedachte, wie es dem Bischof Bernhard daselbst ergangen war, so fürchtete er sich, offen in die Stadt einzuziehen, und er begab sich daher auf Anrathen der Räthe des Herzogs Wartislav bei Nacht in das Schloß, welches der Herzog allda hatte, und welches eine sichere Freistatt war für Alle, die bedrängt und verfolgt wurden. Des anderen Morgens aber erfuhren das die Bürger, und sie liefen vor das Schloß, rufend, daß den Verkehrern des Glaubens und der guten Sitten ihres Vaterlandes nirgends Friede und Sicherheit sein sollte. Sie brachen auch die Thore des Schlosses auf, drangen mit Unsinnigkeit in die


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Jodocus Donatus Hubertus Temme: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Nicolaische Buchhandlung, Berlin 1840, Seite 36. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Volkssagen_Pommern_036.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)