Seite:De Volkssagen Pommern 169.jpg

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werde, das Erste, was sie unternehme, das werde ihr den ganzen Tag gelingen, und sie wollte sich dann schon eine Arbeit aussuchen, die sie auf einmal zu der reichsten Frau in der Welt machen sollte. Der alte Mann ließ sich Alles wohl gefallen, und als er am anderen Morgen wieder weiter zog, da dankte er auch ihr, und sprach zu ihr, wie zu der frommen Frau, das Erste, was sie nun unternehmen werde, das solle ihr den ganzen Tag gelingen.

Darüber freute das böse Weib sich gar übermäßig, und so wie der Mann fort war, hatte sie sich auch schon Etwas ausgedacht, was sie nun vornehme, und wodurch sie eine ganz reiche Frau werden wollte; sie wollte nämlich das Geld in ihrem Spartopfe zählen. Damit sie darin aber nicht gestört werde, sondern ruhig den ganzen Tag dabei bleiben könne, ging sie erst vor die Thür, um einem Antriebe der Natur zu genügen. Aber welch ein Wunder geschah da! So wie sie sich einmal niedergehuckt hatte, konnte sie nicht wieder aufstehen, und sie mußte den ganzen Tag fortfahren in dem, was sie begonnen hatte. Dadurch entstand ein See, der immer größer wurde, und zuletzt so groß, daß er alles Land überschwemmte, und das Stück Landes, welches jetzt die Insel Hiddensee heißt, von dem Lande Rügen abtrennte. Erst als die Sonne unterging, konnte die geizige Frau zur Ruhe kommen.

Also ist die Insel Hiddensee entstanden.

Mündlich.
Vgl. auch Grümbke, Darstellung der Insel Rügen, II. 21. 22.


128. Die Insel Rattenort.

Westlich von der Insel Rügen liegt eine kleine Insel, Ummanz geheißen, und südlich von dieser das noch kleinere Inselchen Rattenort. Von dieser letzteren erzählt man sich Folgendes: Vor Alters waren zu einer Zeit auf der Insel

Empfohlene Zitierweise:
Jodocus Donatus Hubertus Temme: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Nicolaische Buchhandlung, Berlin 1840, Seite 169. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Volkssagen_Pommern_169.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)