Seite:De Volkssagen Pommern 352.jpg

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mit einem Knittel an dieselbe. Dies dauert, da sie mehrere Pausen machen, oft mehrere Stunden, bis ein Stück der Tonne nach dem anderen heruntergefallen ist, und zuletzt nur noch ihr oberer Boden hängen bleibt, durch welchen der Strick geht, mit dem sie aufgehangen ist. Wer das letzte Stück von der Tonne abschlägt, der ist Tonnenkönig.

Dieser muß nun geschwinde machen, daß er fortkommt; denn wenn er nicht zuerst im Kruge ankommt, sondern einer von den übrigen Tonnenreitern ihn vorher einholt und einfängt, so muß er die ganze Gesellschaft freihalten. Er jagt daher im vollsten Galop hin, sobald er den glücklichen Schlag gethan hat, und es ist lustig anzusehen, wie alle seine Kameraden hinter ihm her jagen, und jeder ihn zu erreichen sucht, und wie alles Volk schreiend und lärmend hinterdrein rennt. Im Kruge kommt darauf Alles wieder zusammen. Er ist von außen und von innen mit Birkenzweigen und Schiffsflaggen geschmückt, und es wird darin, nachdem der König sich eine Königin gewählt hat, gezecht und getanzt bis zum zweiten Morgen.

Gewöhnlich wird dies Fest um die Johanneszeit gehalten. Mehrere benachbarte Dörfer feiern es nach einander, indem sie sich gegenseitig dabei besuchen.

Aehnliche Tonnenfeste, jedoch mit einigen Abweichungen, werden im Lüneburgischen und auf der Dänischen Insel Amak gefeiert.

Der Darß und der Zingst, von A.v. Wehrs, S. 89-93.
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Jodocus Donatus Hubertus Temme: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Nicolaische Buchhandlung, Berlin 1840, Seite 352. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Volkssagen_Pommern_352.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)