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VOR sieben Jahren fasste ich den Entschluss eine Geschichte der deutschen Philologie zu unternehmen. Sie spendeten mir damals, innigst verehrter Herr Professor, nicht nur ermunternden Beifall, sondern Sie waren gleich auch bedacht einen Grund zu legen zu meinen bezüglichen Sammlungen. Zum Josephstage 1862 überraschten Sie mich durch ein sauberes Heft mit der Aufschrift:

     Meine deutschsprachliche Thätigkeit.
                                   Heut und Immer.
     Corvey 15. März 1862.     HvF

Wie sehr mich dies Geschenk mit Dank und Freude erfüllte, sprach ich Ihnen damals brieflich aus und freue mich es heute öffentlich wiederholen zu dürfen. Ich war nun besser unterrichtet als ich es früher sein konnte über den Gang Ihrer Forschungen, Ihre vielen gelehrten Reisen, die im eigentlichsten Sinne wohl Entdeckungsfahrten genannt werden mögen, über die Entstehung und theilweise auch erst über das Vorhandensein vieler einzelnen Unternehmungen. So fand ich mich der Erfüllung meines langgenährten Wunsches: ein vollständiges Bild Ihrer Leistungen auf dem Gebiete der vaterländischen Litteratur- und Sprachforschung zu gewinnen, plötzlich um Vieles näher gebracht. Ich suchte und sammelte nun für diesen Zweck eifrig weiter und meine Mühe blieb nicht ungelohnt. Um es noch ersprießlicher zu machen dehnte ich dies Suchen und Sammeln dann auch aus auf Ihre dichterische Thätigkeit, die für mich längst ein Gegenstand von großer Anziehung war, und mit Ihrer gelehrten ja in so innigem Zusammenhange steht.

Jener oben erwähnte ursprüngliche Plan, die Geschichte der deutschen Philologie, war mir inzwischen sehr ferne gerückt. So erhebend und ermuthigend Ihr und Anderer Beifall auf mich wirkte, so hatte ich doch bald erkennen müssen, daß, wenn selbst meine Kräfte einem derartigen Unternehmen genügten, dies doch mit meinen Hilfsmitteln durchaus nicht der Fall war. Der Zustand unserer Bibliotheken und die Art und Weise wie sie benutzt werden können ist leider! so gestaltet, daß ein so weitläufiges Beginnen in der Ausführung mit den allergrößten Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Ohne Ihre freundliche Beihilfe wäre es mir nie gelungen auch nur Ihre Schriften vollständig zu verzeichnen[1]. Eine solche Unterstützung durfte ich aber nicht auch von jedem Anderen erwarten, und einer noch viel weitergehenden Förderung hätte es bedurft um den nicht mehr Lebenden gerecht zu werden.


  1. Mit Dank muß ich auch der Herren DD. F. L. Hoffmann in Hamburg und Julius Schrader in Berlin gedenken, welche mir über einzelne Punkte mit gewohnter Freundlichkeit Auskunft ertheilten.
Empfohlene Zitierweise:
Josef Maria Wagner: Hoffmann von Fallersleben 1818-1868. Wien 1869, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wagner_Fallersleben_05.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)