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Wilhelm Hauff: W. Hauffs Werke

ihm gekämpft hatten, gehörte auch der Kriegsrat Hügel, eine offene, kernige Soldatennatur, von einem Adel der Gesinnung, der ihn zum würdigen Edelmann machte. So hat ihn uns Hauff hier mit Liebe und Verehrung in dem General Willi seiner Novelle geschildert und in dessen Sohn und seiner heimlichen Braut, der lieblichen Anna, dieses echten Kindes des anmutigen Schwabenlandes, sich selbst und seine Liebe in herzlicher Weise, ohne jene unnatürliche, romantische Schwärmerei dargestellt. Auch der junge Rantow, der ihm zur Zielscheibe des Witzes und Spottes gegen die hohle Selbstüberhebung gewisser Kreise diente, wie er sie in Berlin am meisten mochte gefunden haben, ist in seiner Weise natürlich und treu durchgeführt. Nicht weniger gut getroffen ist der alte Thierberg von der Gegenpartei der Napoleonfreunde, dessen Freude und Umwandlung beim Anblick von des unbekannten Kaisers Bild erhaben rührend und schön zum Ausdrucke gebracht ist. In diesem Schlusse gipfelt überhaupt die ganze Schönheit der Novelle, deren enge Verknüpfung mit den zeitgenössischen Interessen vielleicht daran schuld ist, daß sie heute, wo wir nicht mehr mit jener Lebendigkeit die napoleonische Zeit und die Nachwirkungen der Freiheitskriege verstehen, gegen andere Schriften des Dichters etwas zurückgeschoben ist. Zu diesen, besonders in der damaligen Zeit wirksamen Punkten gehört auch die hier teilweise humoristisch, aber treffend behandelte gegenseitige Unverständlichkeit des Nord- und Süddeutschen und ferner das hier öfter gestreifte Walten der Burschenschaft und des Tugendbundes. Wer aber einigermaßen einen Einblick in jene große Zeit unserer deutschen Vergangenheit hat, der wird auch jederzeit mit freudiger Genugthuung Hauffs „Bild des Kaisers“ lesen und seine liebliche Schilderung mit Befriedigung und wahrem Genuß in sich aufnehmen.

So steht Hauff mit nur wenigen anderen aus dieser Zeit der Nachahmungen, vielleicht auch infolge seines frühen Todes von den Zeitgenossen um so ehrfurchtsvoller und neidloser hervorgehoben, noch immer als ein Liebling unseres Volkes vor uns und hat sich mit dieser Liebe zugleich einen Platz unter den besten unserer Dichter, unter unseren Klassikern errungen, der ihm wohl für alle Zeit gesichert bleiben wird.


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Gedichte.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Hauff: W. Hauffs Werke. Bibliographisches Institut, Leipzig, Wien 1891–1909, Seite 1. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wilhelm_Hauff_Bd_1_023.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)