Wilhelm Hauff: W. Hauffs Werke | |
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Sein Feueratem weht von Land zu Land,
Sprengt deines Kerkers festgetürmte Wand,
Wirft deine Häscher, deine Fesseln nieder.
Scheint Zwei mit Eins sich nimmer zu vertragen,
Woran man nur den Widerspruch getadelt;
Doch hat sein Widerspruch manch großen Geist geadelt;
Fürwahr! es starb des Letzten letzter Hort,
Wär’ es gestorben jüngst in unsern Tagen.
Zur Feier des 18. Junius.
Seid mir gegrüßt im grünen Lindenhain,
Seid mir gegrüßt, ihr, meine deutschen Brüder;
Auf! sammelt euch in festlich frohen Reihn,
Stimmt fröhlich an des Sieges Jubellieder,
Daß sich mein Volk einlöste mit dem Schwerte
Sein Heldentum, der Freiheit Ruhm, die deutsche Erde,
Trag’s zu den Wolken, donnernder Gesang!
Trübt auch die Wolke unsers Festes Glanz,
Die jüngst noch, in dem jungen Siegerkranz,
Der Deutsche weihte seines Volkes Ehre:
Mög’ Arglist auch und Trug mit finstrem Bann
Dem Siegervolke noch die Zunge binden!
„Wer dort gekämpft, fiel nicht für einen Wahn!“
Denn auferstehen soll ein neu Geschlecht,
Wir fühlen Kraft in uns, uns dran zu wagen,
Zu kämpfen für die Wahrheit und das Recht,
Ein hoher Sinn stieg auf aus blut’gem Streit,
Es kehrt der biedre Geist der Väter wieder,
Und stolzer stehn, in deutscher Kraft und frei, o Brüder!
Wir auf den Trümmern der vergangnen Zeit.
Noch gilt es ja, das Ziel uns zu erringen!
Fürs liebe Vaterland hinan! hinan!
Doch nur von innen kann das Werk gelingen,
Und nicht durch Völkerzwist, durch Waffenruhm,
Laßt uns vereint zum Ideal, zum Höchsten wallen,
Erschaffen uns ein echtes Bürgertum!
Ja! so ersteht ein freies Vaterland,
O Bruderbund, dies hast du dir erkoren!
Dem Vaterlande sei es fest geschworen!
O schöne Saat! der junge Stamm erblüht,
Und schützend ragt er auf, wie Deutschlands Eichen,
Blüh’, schöner Stamm, die Sonne kommt, die Schatten weichen,
Das Burschentum.
Wenn die Becher fröhlich kreisen,
Wenn in vollen Sangesweisen
Tönt so manches Helden Ruhm,
Ja, da muß man dich auch singen,
Dir, du altes Burschentum!
Fragt ihr, wo die Freiheit wohne?
Auf Europas weiter Zone
Habt ihr nimmer sie gesehn;
In der Burschen froher Mitte
Mag ihr Tempel noch bestehn.
Froh und frei, wie’s unsre Alten
Einst zu ihrer Zeit gehalten,
Wilhelm Hauff: W. Hauffs Werke. Bibliographisches Institut, Leipzig, Wien 1891–1909, Seite 28–29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wilhelm_Hauff_Bd_1_037.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)