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„Landsknechte oder keener können den Heertog wieder eup den Stuhl setzen. Die Schweizer können man gar nichts, als mit den Hellebarden in die Glieder stechen; dat ist all ihre Kunst. Aber Ihr solltet man sehen, wie wir die Donnerbüchsen laden, uf die Gabel legen un mit dem Lunden drauf, dat dich dat Wetter; dat Manäfer macht uns keener nich nach; Gott straf’ mir, keener. Sie brauchen eine halve Stunde, um ihre Kugeln loszuschießen, und wir Landsknecht’ eene halbe Vertelstund’.“

„Ja, alle Achtung vor den Herren Landsknechten“, sagte der Spielmann und lüftete ehrerbietig die Mütze; „freilich, euch Herren sollt’ er haben. Aber der Bund wird euch so gut belohnt haben, daß ihr dem armen Herzog nicht zu Hülfe ziehen möget.“

„Gelohnt, socht er?“ rief der fünfte Hauptmann und lachte; „jo, wenn er’s Geld von Blech schlagen könnt’. Der schwäbisch’ Hund! bei denen gilts Sprichwort:

‚Dien’ wohl und fordre keinen Sold,
So werden dir die Herren hold.‘

Ich sog’, schlecht hot er uns bezohlt; und wenn Seine Durchlaucht, der Herr Herzog, mi hoben will, i steh’nem z’Dienst wie jedem.“

„Staberl, du hast recht“, sagte der Oberst und wichste den ungarischen Bart. „Mordblei, die Katz ist gern, wo man sie strehlet; wenn der Herr Ulerich gut zahlt, zo wird, Gott straf’ mein’ Zeel’, unsere ganze Mannschaft mit ihm ziehen.“

„Nun, das werdet ihr bald sehen können“, entgegnete der Bauer listig lächelnd, „habt ihr noch keine Antwort vom Herzog auf eure Botschaft?“

Der Oberst Peter ward feuerrot bis in die Stirne. „Mordelement! wer bist denn du, Menschenkind, daz du mein Geheimnuz weißt? Wer hat dir gezagt, daz ich zum Herzog schickte?“

„Zum Herzog hob’ Er g’schickt, Peter? Wos hobt Er denn für G’heimnis mitenonder, doß wir’s nit wissen dörften? Sog’ es nur gleich!“

„Nun, ich hab’ gedacht, ich müsse wieder einmal für euch alle denken, wie immer, und hab’ einen Mann zum Herzog geschickt, ihm in unzerm Namen einen schönen Gruz entboten und fragen [309] lassen, ob er unz brauchen könnt’. Dez Monats für den Mann einen halben Dickthaler, uns Obersten und Hauptleut’ aber ein Goldgülden und täglich vier Maaz alten Wein.“

„Dat is keen bitterer Vorschlag, der Teiwel! eenen Goldgülden monatlich? Ich bin dabei, und es wird keener wat dagegen haben. Hast du Antwort von den Heertog?“

„Bis jetzt noch keine; aber Bassa manelka! wie kamst du zu meinem Geheimnuz, Bauer? Ich hau’ dir ein Ohr ab, Gott straf’ mein’ Zeel’, zo thu’ ich, wie mein Patron, der heilige Petruz, war auch ein Landsknecht, dem Malchuz, der war von den jüdischen Schwyzern, ein Hellebardierer. Zag’ schnell oder ich hau’.“

„Langer Peter!“ rief der kleine Hauptmann Muckerle mit ängstlicher Stimme, „laß um Gott’swillen den gehen; der ist fest und kann hexen; ich weiß noch wie heut’, daß wir ihn in Ulm fangen sollten und in Herrn von Krafts, des Ratschreibers, Stall kamen, wo er sich aufhielt, denn er war ein Kundschafter, so machte er sich klein und immer kleiner, bis er ein Spatz wurde und über uns ’naus flog.“

„Waz?“ schrie der tapfere Oberst und rückte von dem Spielmann hinweg, „der ist’s? Wo dann der Magistrat auzrufen ließ, man zolle alle Spatzen totschießen, weil zich ein württemberger Spioner in einen verwandelt habe? Man heißt zie, glaub’ ich, jetzt noch die Ulmer Spatzen!“

„Der ist’s“, flüsterte Muckerle; „es ist der Pfeifer von Hardt, ich hab’ ihn gleich erkannt.“

Der Oberst und die Hauptleute hatten sich von ihrem Erstaunen noch nicht ganz erholt. Sie sahen den Mann, von welchem der Ruf so wunderbare Dinge erzählte, halb ängstlich, halb neugierig an. Er selbst hatte ein zu wohlgeübtes Ohr, als daß er nicht verstanden hätte, was diese Leute unter sich flüsterten; aber er that, als bemerke er ihr Staunen und Verstummen nicht; er beschäftigte sich ruhig mit seiner Zither. Endlich faßte sich der lange Peter, wohlbestallter Oberst dieses Heeres, ein Herz, zwirbelte den Bart einigemal, zog dann den ungeheuern Hut vom Kopf und sprach: „Verzeihet doch, lieber Gezelle, wertgeschätzter Pfeifer, daß wir zo ohne alle Umstände mit Euch verfahren zind;

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Hauff: W. Hauffs Werke. Bibliographisches Institut, Leipzig, Wien 1891–1909, Seite 308–309. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wilhelm_Hauff_Bd_1_177.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)