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Löffler. Wenn’z einen tapferern Landsknecht gibt in der Christenheit, zo laß ich mir die Haut vom Leib schälen und laß mich braten wie eine Zau. Da steht der Staberl von Wien; zo einen hat die Zonne noch nie beschienen und der Mond. – Da ist dann der Magdeburger, wie der, ficht keiner in der Türkei – und der Muckerle da, man zollt ihm’z nicht anzehen; aber daz ist der beste Schütz mit der Donnerbüchs und trifft auf vierzig Gäng’ inz Schwarze. – Von mir mag ich nicht reden, Eigenlob stinkt; aber Bassa manelka in Spanien und Holland hab’ ich gedient und Canto cacramento in Italia und Deutschland, Mordblei! In jedem Heere kennt man den langen Peter. Gott straf’ mein’ Zeel’, wenn ich und die andern hinter den schwäbischen Hund, wollt’ zagen Bund, komme, diavolo maledetto! da werden zie daz Haazenpanier ergreifen und mit den Absätzen hinter sich hauen!“

Es war dies die längste Rede, die der lange Peter in seinem Leben gehalten hat, und noch in späten Jahren, als er längst bei Pavia den Ruhm der deutschen Landsknechte mit dem Tod besiegelt hatte, führten seine Genossen, wenn sie den jüngeren Kameraden vom langen Peter erzählten, diesen Moment als einen der erhabensten seines Lebens auf. Wie er dagestanden sei, auf das lange Schwert gestützt, den großen Hut mit der Hahnenfeder kühn auf das Ohr gerückt, die rechte Hand in die Seite gestemmt und die Beine ausgespreizt, da habe ihm nichts gefehlt als ein besseres Wams und eine Gnadenkette, um ihn für einen echten Oberst und wahrhaften Feldherrn zu halten.

Die Hauptleute luden jetzt den Junker von Sturmfeder ein, eine Musterung über das neugeworbene Heer zu halten. Der dumpfe Schall der ungeheuern Trommeln tönte durchs Thal und weckte die Schläfer aus ihrer Ruhe. Noch schien Frondsbergs kriegerischer Geist und sein strenger Ordnungssinn über ihnen zu schweben, denn in wenigen Augenblicken hatten sie sich zu drei großen Kreisen gebildet, die je aus vier Fähnlein bestanden. Einem Auge, das an die schnelle, taktmäßige Bewegung, die schöne Haltung und die gleiche Farbe der Regimenter unserer Zeit gewöhnt ist, möchte wohl jener Anblick überraschend, ja lächerlich erschienen sein. Die Landsknechte waren nach ihrem Geschmack [317] gekleidet, doch hatte die Mode der Zeit im Schnitt ein wenig Gleichförmigkeit in ihren Anzug gebracht. Sie trugen gewöhnlich enge Wämser von Leder oder auch Lederwesten mit Ärmeln von grobem Tuch. Die Lenden staken in ungeheuer weiten Pluderhosen, die, am Knie zugebunden, durch ihre Litzenschwere noch etwas tiefer herunterhingen. Die vollen Waden umgaben grobe Strümpfe von hellen Farben, und die Füße waren mit groben Bundschuhen von ungefärbtem Leder bekleidet. Ein Hut, eine Tuch- oder Ledermütze, eine erbeutete oder für eigene Rechnung gekaufte Blechhaube bedeckte den Kopf, und die bärtigen Gesichter dieser Männer, die oft zwanzig Jahre unter allen Heeren und Himmelsstrichen Europas dienten, hatten einen kühnen, martialischen Ausdruck. Ihre Bewaffnung bestand in einem langen Dolch und einer Hellebarde; ein Teil war auch mit Donnerbüchsen bewaffnet, die man mit Lunten losbrannte.

So standen sie mit ausgespreizten Beinen, Fuß an Fuß geschlossen, wie ein festes Bollwerk, und Georgs kriegerischen Sinn erfreute der Anblick dieser kampfgeübten Männer, die wohl zu wissen schienen, daß sie vereinzelt nichts, aber in Massen verbunden auch einer zahlreichen Schar von Feinden furchtbar seien.

Die Hauptleute hatten den Kriegesbrauch und das Kommandowort ihrer früheren Anführer wohl im Gedächtnis behalten; sie traten daher mit dem jungen Ritter in einen dieser Kreise, und der tiefe, weittönende Baß des langen Peters befahl: „Gebt acht, ihr Leut’! kehrt euch um!“

Schnell hatten sich die Kreise nach innen gekehrt und vernahmen nun die Reden ihrer Hauptleute, die ihnen jene Aufforderung des Herzogs von Württemberg auseinandersetzten. Ein freudiges Gemurmel zeigte, daß sie mit diesen Bedingungen zufrieden seien und Ulerich von Württemberg so eifrig dienen wollten, als sie vorher gegen ihn gedient hatten. Die Hauptleute ließen jetzt auch einige Übungen machen, und Georg bewunderte die Geschicklichkeit der Landsknechte und glaubte fest, man werde es in der Kriegskunst auf Erden schwerlich noch viel weiter bringen. Er täuschte sich! Doch sein Irrtum ist so verzeihlich als jener unserer Großväter, welche die Heroen des großen Friederich

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Wilhelm Hauff: W. Hauffs Werke. Bibliographisches Institut, Leipzig, Wien 1891–1909, Seite 316–317. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wilhelm_Hauff_Bd_1_181.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)