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Wilhelm Hauff: W. Hauffs Werke

wie verlautet, manche Anfechtungen wegen dieses zweiten Teils zu bestehen gehabt, nachdem er selbst so Manches angefochten … Doch möchten wir dem jungen, talentvollen Autor raten, seine Kraft, Persönlichkeiten lebendig in den possierlichsten Attitüden und in komischen Lichte hinzustellen, bald zu größern Werken zu verwenden, wo es mehr gilt, ihr Leben poetisch zu regenerieren, als ein satirisches Spiegelbild ihrer Erscheinung herzustellen.

Die Memoiren des Satans sind und sollen nichts Ganzes sein, sie wachsen mit der Zeit, da der Satan in ihr und mit ihr thätig ist … Die Memoiren verlangen daher auch nicht als ein Kunstwerk beurteilt, sondern nur in ihren einzelnen Teilen betrachtet zu werden.

… Die Novelle ‚Der Fluch‘ möchten wir nicht zu den vorzüglichern des Autors rechnen. Ihr geht die eigentliche Verschmelzung der Idee oder der behandelten Elemente mit der künstlerischen Auffassung ab.

… Am glänzendsten zeigt sich des Verfassers satirisches Talent in dem ‚Besuch in Frankfurt‘. Er hat die wahre Quintessenz der neuern Papierwelt, d. h. der Staatspapiere, hier auszuziehen gewußt. Auf Interesse, als Erzählung, macht der Aufsatz wohl weniger Anspruch, dagegen liefert er charakteristische Bilder und ist als Satire gegen so manches Unwesen der Zeit treffend … ‚Der Schabbes in Bornheim‘ kann auf Klassizität Anspruch machen, der ‚Festtag im Fegefeuer‘ enthält endlich in der Schilderung des Theaters wahrhaft aristophanische Stellen an Komik der Darstellung, in tiefem, heiligem Ernst der Intention … Auch die Form dieses Aufsatzes ist gut; aber männiglich fordert Referent auf, zu gestehen, ob es nicht eine boshafte Verleumdung ist, uns deutsche Rezensenten oder vielmehr deren Rezensionen in sechs Klassen zu teilen, die aber keinen vorteilhaften Begriff von Unparteilichkeit liefern.“

Die dritte Besprechung gibt G. Schwab 1829 in seiner Biographie des Dichters im ersten Bande der dritten Reihe von „Zeitgenossen. Ein biographisches Magazin für die Geschichte unserer Zeit.“ Hier heißt es:

„Aus dem zweiten Teile seiner Satansmemoiren ist das Phantastische fast ganz verbannt, und der harmlose Witz läßt sich entweder an etwas abgenutzten Gegenständen aus, wie z. B. an den Frankfurter Juden, oder er wird zur Galle, die über verhaßte politische Verhältnisse und Charaktere ausgegossen wird, oder er verwandelt sich in Ranküne über persönliche Verdienstlichkeiten.“

Man vergleiche ferner unsere allgemeine Einleitung zu Hauffs Werken, Bd. 1, S. 24 ff.




[185]


Erster Teil.




Einleitung.


 „Marte, e’rassembra te, qualor dal quinto
 Cielo, di ferro scendi e d’orror cinto.“
 Tasso. Jerus. librt. V. 44.
[1]


Erstes Kapitel.
Der Herausgeber macht eine interessante Bekanntschaft.

Wer wie der Herausgeber und Übersetzer vorliegender merkwürdiger Aktenstücke in den letzten Tagen des Septembers 1822 in Mainz war und in dem schönen Gasthof zu den drei Reichskronen logierte, wird gewiß diese Tage nicht unter die verlorenen seines Lebens rechnen.

Es vereinigte sich damals alles, um das Gasthofleben, sonst nicht gerade das angenehmste, das man führen kann, angenehm zu machen. Feine Weine, gute Tafel, schöne Zimmer hätte man auch sonst wohl dort gefunden, seltener, gewiß sehr selten so ausgesuchte Gesellschaft. Ich erinnere mich nicht, jemals in meinem Leben, weder vor- noch nachher, einen meiner damaligen Tisch- und Hausgenossen gesehen zu haben, und dennoch schlang sich in jenen glücklichen Tagen ein so zartes, enges Band der Geselligkeit um uns, wie ich es unter Fremden, deren keiner den andern kannte oder seine näheren Verhältnisse zu wissen wünschte, nie für möglich gehalten hätte.


  1. „Dir gleicht er, Mars, vom fünften Himmel steigend
    Und dich mit Stahl und Graus umgürtet zeigend.“
    (Deutsch von K. Streckfuß.)
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Hauff: W. Hauffs Werke. Bibliographisches Institut, Leipzig, Wien 1891–1909, Seite 184–185. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wilhelm_Hauff_Bd_2_094.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)