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Gespräch an sich, er strahlte von Witz und Leben, daß alle weiblichen Herzen dem herrlichen Mann, dem schönen, witzigen Grafen zuflogen. Allen galt sein Gespräch; sein feuriges Auge schien jeder Dame etwas Schönes sagen zu wollen, ausschließend aber galt es der Gräfin. Er wußte selbst nicht, was ihn antrieb, ihr so sehr als möglich den Hof zu machen, aber es war ein dunkles Gefühl in ihm, als müsse es Ida recht tief verletzen, wenn er die Gräfin so sehr auszeichne, wenn er alle Damen für sich gewinnen wollte und ihr, ihr allein keinen Blick, kein Lächeln gönnte, nicht einmal zu hören schien, wenn sie hie und da ein Wörtchen mit einschlüpfen lassen wollte.

Und in der That, er erreichte seinen Zweck voll – kommen; er hatte es getroffen, tief bis ins innerste Leben getroffen, dieses treue Herz, das nur für ihn, mit dem Feuer der ersten jungfräulichen Liebe nur für ihn schlug! Ihr Blick hing an seinen Lippen, sie freute sich anfangs, daß er so fröhlich sei, sie glaubte nicht anders, als die paar Wörtchen, die sie ihm zuflüsterte, haben ihn aus seiner finstern Laune hervorgezaubert; ihr kleines Herzchen triumphierte; als sie aber sah, wie er sich an alle wandte, nur an sie nicht, wie auch nicht ein Blick der Freundin galt, wie er nur für die Aarstein zu leben schien; als sie seinen schneidenden Hohn, die grelle Lustigkeit, den schillernden Witz, der ihm sonst gar nicht eigen war, bemerkte, da ahnete ihr wohl, daß ihm jetzt ein anderes Gestirn aufgegangen sein müsse, das seinen Einfluß auf ihn übe; und wer konnte dies sein, als die, die ihr von jeher feindlich entgegengetreten war. – Die Aarstein! Der Glanz der üppigen Rose hatte ihn geblendet, was konnte es ihm auch ausmachen, daß er nebenbei das Veilchen zertrat? Sie klagte nicht, sie weinte nicht, aber eine furchtbare Blässe lag auf dem holden Engelsgesichtchen, ein wehmütiges Lächeln spielte um ihren Mund, sie sah ja alle die leise geahnten Hoffnungen ihres Herzens, die sie, ach nur in einem einzigen seligen Augenblicke, recht klar sich gestanden hatte, sie sah sie alle mit einemmal versinken und – mit dem Freunde untergehen. Von Anfang war es ihr noch, als flattere eine Art ängstlicher Eifersucht in Gestalt einer Fledermaus durch den kaum dämmernden Morgenhimmel ihrer Liebe; [159] dann aber war alles stille Nacht in ihr; es blieb ihr nichts mehr als ein großer Schmerz; sie fühlte, daß sie diesen ewig, ewig in ihrem treuen Busen tragen werde.



Der Gram der Liebe.

Wie es an jenem Abend war, ebenso war es auch in den nächsten Tagen. Der Hofrat hätte vielleicht alles bald wieder ins Gleis bringen können, aber das Unglück wollte, daß er in wichtigen Angelegenheiten an demselben Abend verreisen mußte, an welchem die Gräfin ankam. Die Gräfin schrieb, so oft sie es unbemerkt thun konnte, an den Rittmeister in den Mond hinüber und spornte ihn an, Ida nur noch immer mehr zu verfolgen. Nach den letzten Briefen schien es zwar wegen ihr selbst nicht mehr nötig zu sein, weil sie den Grafen schon so umgarnt zu haben glaubte, daß an kein Entrinnen zu denken sei. Dem war aber nicht also. Dem Grafen, der nur durch die Brille der Eifersucht sah, wollte es trotz seiner Resignation fast das Herz abdrücken, daß Ida in solchen Verhältnissen mit dem Rittmeister seie. Wenn er bei Präsidents war, ach, es war ja nicht wie ehemals; sonst war sie ihm wohl bis an die Treppe entgegengesprungen, hatte mit lachendem Mund ihn geneckt oder ihm eine neue Schnacke aufgetischt, hatte ihn dann unter Tollen und Lachen hereingezogen ins Zimmer, dort war dann das Mäulchen gegangen wie ein oberschlächtiges Mühlchen, und keine fünf Minuten hatte sie ruhig sitzen können, ohne daß sie aufgesprungen wäre, dort was zu holen, hier was zu zeigen, und welche Freude gewährte es dann, das Mädchen dahin hüpfen zu sehen, ihr Gang war dann Tanz, alles war Leben, alles Grazie und Anmut, es war, wie wenn über die ganze Gestalt ein zauberisches Lächeln gewoben gewesen wäre, und jetzt – und jetzt?

Kalt und ernst sah sie ihn an, wenn er kam; oft wollte es ihn zwar bedünken, sie setze schon an, um ihm wie sonst entgegenzuhüpfen, da mußte sie aber wohl an den Sporenecker denken, denn sie neigte sich so abgemessen, als wäre er ihr ganz und gar fremde; oft kam es ihm sogar vor, als liege etwas so Wehmütiges in dem lieben Gesichtchen, das er sich nicht anders erklären konnte, als

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Hauff: W. Hauffs Werke. Bibliographisches Institut, Leipzig, Wien 1891–1909, Seite 158–159. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wilhelm_Hauff_Bd_3_082.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)