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Ehrwürdige Versammlung, andächtige Zuhörer!

Die Apostel, besonders der heilige Paulus, als er zu Rom predigte, verschmäheten es nicht, auch häusliche, bürgerliche Angelegenheiten der Gemeinde zu Gegenständen ihrer Betrachtungen zu machen. Es läßt sich zwar mit vieler Wahrscheinlichkeit annehmen, daß sie belletristische Gegenstände nicht berührt haben, daß sie litterarische Streitigkeiten nicht, wie man zu sagen pflegt, auf die Kanzel brachten; denn sie hatten Wichtigeres zu thun; nichtsdestoweniger aber geschah dies einige Jahrhunderte später, und man trifft in den Kirchenvätern nicht undeutliche Spuren, daß sie über allerhand litterarische Subtilitäten, sogar über die Tendenz und den Stil ihrer Gegner auf dem kirchlichen Rednerstuhl gesprochen haben.

Berühmte Kanzelredner neuerer Zeit haben oft und viel, zum Beispiel über das Theater, gepredigt, oder über das Tanzen am Sonntag, oder über das Singen unzüchtiger Lieder, andere wieder über das Spielen, namentlich das Kartenspielen, und einen habe ich gehört, der in einer Vesperpredigt das Schachspiel in Schutz nahm und nur bedauerte, daß es ein Heide erfunden.

Und wenn es die Pflicht des Redners ist, meine Freunde, der Gemeinde darzuthun, welchen Irrtümern sie sich hingebe, welche böse Gewohnheiten unter ihr herrschen, wenn es die Natur der Sache erfordert, bei einer solchen Aufdeckung von Irrtümern und böslichen Gewohnheiten bis ins Einzelne und Kleinste zu gehen, weil oft gerade dort, recht ins Auge fallend, der Teufel nachgewiesen werden kann, der darin sein Spiel treibt, so kann es niemand befremden, wenn wir nach Anleitung der Textesworte miteinander eine Betrachtung anstellen über:

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Wilhelm Hauff: W. Hauffs Werke. Bibliographisches Institut, Leipzig, Wien 1891–1909, Seite 224–225. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wilhelm_Hauff_Bd_3_115.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)