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 Das Grab der Tochter.

Oft liegt über dem Grabe der Tochter die klagende Mutter,
     weint und rufet den Geist ihrer Philänis hinauf:
„Liebe Tochter, du gingst so früh und eh’ ich dein Brautbett
     schmückte, zum gelben Strom unter die Schatten hinab.“


 Das umschränkte Leben.

Jeglicher Morgen gebieret uns neu; die vorigen Tage
     sind vorüber; du hast heute das Gestern nicht mehr,
Morgen nicht mehr das Heute. Was rühmst du, pralender Greis, dann
     Dich der Jahre? Du lebst eben nur jetzo wie ich.


Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Zweite Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1786, Seite 045. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_II_(Herder)_045.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)