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den größten Theil unsrer Leser mögen diese Epigramme weniger Wirkung haben, theils weil uns solche belebende Personificationen bloße Namen sind, theils weil uns die Lebhaftigkeit des griechischen Organs in manchen Empfindungen zu fehlen scheint.


Künstlicher wird des Epigramm bei Gegenständen, in denen sich eine Art von Zwiefachem darbeut, das, unter Einen Gesichtspunkt gebracht, dem Gedicht Wendung giebt und gleichsam eine Art von Handlung verleihet. Eine Biene z. B. stört den Kuß des Liebenden; a)[1] warum stört sie ihn? was will sie sumsend dem Küssenden sagen? Der Dichter erklärt es uns und sein Epigramm wird eben dadurch um so schöner, je unerwarteter der Gedanke ist, der aus zwei disparaten Dingen gleichsam vor unsern Augen entsprießet. Und noch war das eben


  1. a) Th. 1. S. 5.
Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Zweite Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1786, Seite 133. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_II_(Herder)_133.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)