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was so wenigen gegeben ward, bestimmt denken und ausdrücken, genießen und fühlen. So ists mit manchen Gegenständen des Leides und der Freude in unserm Leben: wir genießen doppelt, wenn wir uns den Genuß sagen; die Wolke des Schmerzes entweicht, wenn wir uns ihre Ursache und Wirkung klar und bestimmt entziffern. – –

Indessen bei alle diesem Ruhm und Nutzen sehe man das Epigramm für nicht mehr an als es seyn kann und seyn will: es ist ein vorübergehender, entwickelnder, treffender Gedanke, dessen Einkleidung zwar ein Kunstwerk, aber nicht die höchste Kunst ist. Es gehört auf den Fuß der Bildsäule; die Bildsäule selbst aber ist doch etwas Anders.

Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Zweite Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1786, Seite 170. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_II_(Herder)_170.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)