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manche Zierrathen dieser Art findet. Indessen aus der Zusammenhaltung und gleichsam aus dem Costume der Grabmähler, mit ihren Grabschriften und der Denkart der Dichter überhaupt, entspringet das Gefühl von selbst, das im Ganzen diese Zeichen angab. Denn ist in der Welt nicht alles Zerstörung? Eins lebt vom andern und zehret es auf, damit ein andres von ihm lebe. Die Würgerin des Todes ward also hier ihrem Antlitz nach oder in ihrer Wirkung an niedern Geschlechtern gezeigt und zwischen Blumenkränzen, Genien und Früchten der Mensch an das allgemeine Gesetz der Zerstörung, durch Symbole einer bildlichen Fabel erinnert. Eine solche Erinnerung finde ich nicht wild, sondern für den, der diese Denkart hat, wahr: denn nur Kinder wären es, die die Hand vors Auge halten, um die Gorgo nicht zu sehen, die oft unvermuthet hineinblickt und das Glück der Menschen störet. Ein weichlicher und nicht ein feiner Geschmack wäre es, der da Süßigkeit suchte wo das Bittre die Haupt Essenz seyn mußte. So

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Zweite Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1786, Seite 303. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_II_(Herder)_303.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)