Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Zweite Sammlung | |
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Er zeigte sich aber, nach seiner Art, darin gleich so bekannt als ob er lange Jahre nur dafür gearbeitet hätte. Sein erster Griff in die Bibliothek war Berengarius Turonensis, a)[1] eine Entdeckung an die niemand dachte, weil niemand, daß diese Schrift des Berengarius in der Welt sey, vermuthen konnte; eine Entdeckung aber auch, die einem Zwist, der Jahrhunderte durch unbestimmt, wenigstens unbewiesen geführt war, ein klares Ende machte. Und zwar sehr zum Vortheil der Lutherschen Kirche: denn die Entwicklung des Dogma, die Leßing am Ende der Schrift b)[2] angiebt, ist nicht nur der Natur der Sache gemäß, sondern läßt sich auch aus der Geschichte wirklich beweisen. - So lange also des Berengarius Buch nicht edirt ist, wird diese reiche und entwickelte Anzeige Leßings statt des Buchs selbst dienen.
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Zweite Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1786, Seite 404. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_II_(Herder)_404.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)