Seite:De Zerstreute Blätter IV (Herder) 181.jpg

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Um hierüber mit mir Eins zu werden, bemerke man folgendes:

1. Je reiner und edler etwas in unsrer Natur ist, desto mehr gehets aus sich heraus, entsaget seinen engen Schranken, wird mittheilend, unendlich, ewig. Eine Form, die uns zusammendrückt, drückt, wenn wir sie andern auflegen, diese um so mehr zusammen, eben weil es nicht ihre Form ist; dahingegen was andern Luft und Lust macht, was ihnen freien Athem und ein Elysium giebt, in welchem freiwillige Blumen blühn, dies ist reiner unsterblicher Aether. Dahin gehören z. B. helle, wahre Gedanken, jede Erweiterung der Wissenschaft, bei welcher wir uns selbst vergessen und nur in den Gesetzen des Gegenstandes denken; Regeln der Vernunft, Sitten und Rechte, in denen Jeder, auch wider Willen, das Allgemeingeltende, Würdige anerkennt, und in ihnen gleichsam Formeln der Ewigkeit lieset. Wo Saiten dieser Art erklingen, tönen alle reine menschliche Gemüther mit; wir freuen uns ihrer, bis unvermerkt

Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Vierte Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1792, Seite 163. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_IV_(Herder)_181.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)