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Alle sind wir darüber einig, m. Fr., daß das eigentliche Local- und Zeitmäßige der Griechischen Schaubühne kein Gesetz für alle Orte und Zeiten der Welt seyn möge. Denn da wir wissen, daß das Theater der Griechen nur aus dem Chor entstanden sei, und sich daraus gleichsam zergliedert habe, daß eben dieses Chors wegen die Einheit des Orts, die Kürze der Zeit, das Einfache der Handlung in ihm gegeben und vorausgesetzt war; (widrigenfalls sich beide auf ewig hätten scheiden müssen:) so darf niemand Zweifel erregen, ob, wo kein Griechischer Chor, kein Griechischer Markt oder Pallast statt findet, irgend Eine der Beschränkungen statt finden müsse, an welche unter andern Umständen auch bei den Griechen gar nicht gedacht wäre. Zusammenhang der Theile also, Einheit, Fortgang und Interesse der Handlung ist die Seele des Drama; keine kleinliche Rücksicht auf Ort und Zeit, von der auch Aristoteles sehr entfernt war. Selbst der einfachen

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Vierte Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1792, Seite 300. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_IV_(Herder)_322.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)