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Der vortrefliche Paolo Sarpi hat eine Abhandlung geschrieben, deren Titel mich sehr reizte. Er hieß: „wie Meinungen in uns gebohren werden und sterben“ ich war auf ihren Inhalt sehr begierig. Ob ich nun gleich aus Foscarini’s Auszuge bei Griselini sah, daß sie, was ich vermuthete, nicht eigentlich enthalten möchte: so kam mir diese trefliche Aufgabe doch mehrmals in die Gedanken. Viel sind der Wege, auf denen wir von der frühesten Kindheit an zu Meinungen gelangen, mit denen wir uns Leib und Seele überkleiden; viele davon halten sehr vest, und die albernsten haben wir meistens hinter unsre innerste neunte Haut verborgen, wo sie ja niemand antaste! Unglücklicher Weise tastet sie die Zeit dennoch an, oft mit sehr rauhen Händen; und wer nun, um sein Leben, d. i. Vernunft, Ruhe und das Selbstgefühl eines inneren Werthes zu retten,

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Vierte Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1792, Seite 373. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_IV_(Herder)_395.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)