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gebrauchen und observiren, insonderheit aber in allen Processen keine Substantialia auslassen, jedoch auch allen Überfluß und Verzüchlichkeit abschneiden, die gegebene terminos ohne erhebliche Ursachen nicht erstrecken, und in alle Weeg, so viel die Substanz eines gerichtlichen Proceß anlangt, sonderlich darinn unwiederbringliches Präjudiz zu befahren, von der Ordnung, wie sie im Kayserl. Cammer-Gericht eingeführt und verbessert werden möchte, in substantialibus requisitis processus nicht abweichen sollen.

§ 10. Dieweil auch vor Alters herkommen, daß von Unserm Hof-Marschalcken und desselben Erkantnussen die Supplicationes und Revisiones an Unsern Reichs-Hof-Rath gangen, soll es dabey nochmaln, wie es vor Alters herkommen, verbleiben, jedoch die Haußgesessene Handels-Leut und Juden in der Juden-Stadt zu Wien davon ausgenommen.


Tit. V.

§ 18. Wo aber die Stimmen in ziemlicher Anzahl zertheilt und Unser Präsident vermercken würde, daß beeder Theil Meynung mit stattlichen, grundfesten Ursachen bestärcket, oder da in Unserm Reichs-Hof-Rath Sachen vorkommen werden, darinnen Unsere Reichs-Hof-Räth sich nicht vergleichen möchten, dahero wegen ihrer Hochwichtigkeit deren Erledigung bey Uns vonnöthen[1], so solle Unser Reichs-Hof-Raths-Präsident ausserhalb Unserm Vorwissen nichts endliches schliessen, sondern, nachdem selbige Sach zuvorderist am fleißigsten erwogen, beyder Theil schriftliche Meynungen kürtzlich dem Secretario in die Feder und zum Protocoll gegeben werden, und alsdann dem Referenten ein schrifftliches Gutachten mit allen umständlichen und wichtigen Bedencken aufzusetzen, dem Correferenten aber andern Theils Meynung gleichfalls in ein anders Gutachten zu bringen, anordnen.

§ 19. Was auch einmal in gemeldtem Unserm Reichs-Hof-Rath in contradictorio iudicio cum causae cognitione und mit Unserm Vorwissen ordentlicher Weise gehandelt und beschlossen ist, darbey soll es allerdings verbleiben und von niemand anders von neuem in Cognition gezogen noch dessen Execution gehindert werden.

§ 20. Und demnach es sich dann zum öfftern in dergleichen zerspalteten zweyer Theil Meynungen begiebt, daß in Formir- und schriftlicher Begreiffung des facti mit seinen Umständen die Räthe sich nicht vergleichen können, so solle Unser Präsident allen sorgfältigen Fleiß, damit der Referent und Correferent in selbigen sich vereinigen, anwenden und auf sothanen verglichenen Fall alsobald im Rath das beschriebene factum ablesen lassen, dafern aber der Referent und Correferent in facto sich nicht vergleichen, solle in gesamten Reichs-Hof-Rath ex actis die facti species genommen und die Relation, wie oben angedeut, mit Gutachten an Uns gebracht werden[2]: so wollen Wir darauf Unserm Reichs-Hof-Raths-Präsidenten, und wie Wir es nach Gelegenheit der Sachen vonnöthen befunden, auch den Referenten und Correferenten neben etlichen derjenigen Reichs-Hof-Räthen, so der unverglichenen Meynungen absonderlich beweglichen Bedenckens gewesen, vor Uns erfordern, der Sachen Nothdurfft und Umstände anhören, dieselbe folgends erledigen oder nach Unserm Willen und Gefallen in andere Weeg der Gebühr nach zu geschehen befehlen.

§ 21. Und was Wir Uns dann darauf jedesmals entschließen, das solle durch den Secretarium schriftlich begriffen, Unserm Reichs-Hof-Raths-Präsidenten unverzüglich zugestellt und durch denselbigen Unsern Reichs-Hof-Rath zu dessen Nachrichtung der Inhalt angezeigt, oder durch den Secretarium abgelesen und alsdann solches, gleichwie andere Bescheid, dem Protocoll einverleibt werden.

§ 22. Da über den Verstand der Reichs-Constitutionen und Abschied Zweiffel vorfallen oder in Erkäntnuß über geist- und weltliche Sachen, so zwischen obbesagten Theilen schweben, aus Gleichheit beyderley Religions Assessoren, nachdem selbige in vollem Rath, jedoch von beederseits gleicher Anzahl Richtern erwogen worden, ungleiche Meynungen entstünden, also daß die Catholische auf eine Seiten, die Augspurgische Confeßions-Verwandte auf die andere schlügen, so solle solches auf einen allgemeinen Reichs-Tag verwiesen werden, falls aber zwey oder mehr Catholische mit einem oder andern Augspurgischen Confeßions-verwandten Assessorn eine, und hingegen die übrige in gleicher Anzahl, obschon nicht einer Religion, ein andere Meynung fassen würden, und dannenhero Zwiespalt entstunde, auf diesen Fall solle die Sach der Cammer-Gerichts-Ordnung nach erledigt werden, und fernere Verweisung auf einen Reichs-Tag keine Statt haben, und dieses alles solle in

Sachen der Stand (die unmittelbahre freye Ritterschafft mit eingeschlossen), sie seyen Actores oder Rei oder Intervenienten, beobachtet werden. Da aber unter den mittelbahren Ständen entweder der Kläger oder der Beklagte oder ein dritter Intervenient der Augspurgischen Confession zugethan ist, und gleiche Zahl der Richter aus beyderseits Religions Assessoren begehren wird, sollen solche gleiche auch gesetzt werden; da aber die Meynung deren gleich fallen sollte, so solle die Verweisung auf einen Reichs-Tag cessiren, und der Streit der Cammer-Gerichts-Ordnung nach entschieden werden.

  1. Hierzu bemerkt J. A. Portner (Anmerkungen zur Reichs-Hofraths-Ordnung, hersgeg. von Cramer 1709, auch in NS. d. RA. unter dem Texte): Nunmehro wird fast nichts, so nur ein wenig in den statum publicum einlauffet — absque voto ad Caesarem resolviret.
  2. Hierzu bemerkt Portner: In solchen Begebenheiten wird gemeiniglich der Schluß dahin gemacht: Referatur S. Caes. Maiestati; vel: Fiat Votum ad Caesarem.
Empfohlene Zitierweise:
Karl Zeumer: Quellensammlung zur Geschichte der Deutschen Reichsverfassung in Mittelalter und Neuzeit.Tübingen: Verlag von J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1913, Seite 445. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zeumer_V2_445.jpg&oldid=- (Version vom 17.12.2019)