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lichen und ungeheuren eiferer gehapt in unsern landen, das war herr Ulrich von der Hochen-Sax. Wiewol der sonst ain ehrlicher freiherr und ain berüempter kriegsman war, der auch bei seinen zeiten in kriegshandlungen vil gueter

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thaten het begangen, noch so war er mit dem laster des eiferns dermasen beladen und damit so gar unbeschaiden, das allenthalben von ime gesagt wardt, und sich damit höchlichen verklainert. Er war verheirat mit ainer freiin von Schwarzenberg, hieß Helena, soll gar ain schöne fraw

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sein gewesen. Deren forcht er so übel, das er sie niemands fremder sehen ließ. Zu Pürglen und Vorsteck het er besondere stuben, darin man aße. So er dann zu disch gieng, het es ain fürhang an aim besondern ort an der taffel; so kam dann sein hausfraw durch ain sondere fallen und

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verborgne thür hinder dem disch herfür, satzt sich an den disch hündern umbhang, das sie niemandts am angesicht sechen kunt. So man ufhub, gieng sie durch iezgehörten schlupf wider darvon in ir gemach. Er understund sich menigclichen zu bereden, es wer nit sein schuldt, oder das er solchs

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also begerte oder haben welt, sonder er het so ain schewes weib, welt oder dörft von niemands frembder gesehen werden. Aber man ließ es ain faule verantwurtung sein, und erkannte menigclich sein krankkait. So wolt im auch niemands sein weib über sein willen besehen. Man solt im das carmen

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gesagt haben: »Phineas invites, Afer, aut Oedipodas[1].« Und wiewol er in etlichen und zwainzig stürmen und feldtschlachten gewest, darin er sich vor andern ritterlichen gehalten, so ist er doch in guetem friden und großem alter zu Vorsteck gestorben. Wie er im todtbet gelegen, hat er wainendt

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clagt, das er nit an den feinden umbkommen, sondern im bet sterben soll, so er doch dem allmechtigen Got billich dank und lob sollt sagen, das er in begnadiget und zu ruw und bueß komen lassen. Er war darneben gar ain grober, unzüchtiger man, mit schampern und unlautern worten nach

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der Schweizer art und manier und sie noch diser zeit an etlichen orten in der Eidtgnoschaft im gebrauch haben. Bei ainer solchen seltzamen, ungereumpten weis ist seiten glück, beschaint sich wol an seinem son, den er verlassen hat, Philipsen Ulrichen, ist der ungeratnest man, von dem

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in vil jaren nie erhört ist worden. Er hat bei graf Franz


  1. Oedipodas] s. Martialis Epigrammatum liber IX, 25, 10.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band I. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 290. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_1_290.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)