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auß, inen entgegen. Der graf fiel ir zun füeßen und bat sie umb gnad und verzeihung, bekannt darbei, das er ir größlich unrecht het gethon. Sie hieß ine wider ufsteen und vergab ime. Der graf füert sie widerumb ins schloß

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hinauf, do wolt er ohne alles verziehen den, der im sein gemahl vorhin mit der unwarhait angeben, tödten lassen, aber die from grefin widergalt im sein boshait mit guetem, wolt nit, das etwar von iren wegen den todt leiden sollt. Darzu sprach sie zu graf Hainrichen: »Ir hapt mich umb

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unschuldt von euch geworfen, darumb will ich auch bei euch und der vergiften welt, darauß ich geworfen worden, lenger nit bleiben, sonder hab mir ain andern gemahl ußerwellt, der mir seel, leben und ehr hat errett.« Begert darauf an graf Hainrichen, das er ir ain wonung in der Owen, als man

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über das Hürnlin geet, bei unser lieben Frawen capellen bawen wellte. Das beschach. In derselbigen wonung hat sie die überigen zeit ires lebens mit großer andacht verbracht, und ligt zu Vischingen begraben. Der allmechtig hat vil zaichen durch sie bei irem leben und auch hernach

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gewürkt. Iren herren, grave Hainrichen, hat sie überlept. Man sagt, sie hab ußer irer zellen uf ires herren grab sehen künden, und ainsmals in ainer nacht do sei ir das liecht und alles feur erloschen, do hab sie zum grab gesehen und zum todten grafen gesagt: »Hainrich, raich mir ain liecht!« do

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seie ir der graf gehorsam gewest, ußerm grab ufgestanden und hab ir ain prinendt liecht gebracht, sprechendt:

»Nim hin, Ita, das liecht von meiner handt!
Grave Hainrich von Dockenburg bin ich genannt.«

Gleich seie er widerumb ins grab an sein rhue gangen. Sie

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ist gar für ain hailige und gotzförchtige fraw geachtet worden, und hat noch ain basen gehapt, Anna genannt, war ain grefin von Schlüsselberg und aptissin im closter Schlüsselow, ein hailige fraw. Dieselbig, wie sie sterben sollen, hat sie bevolchen, man söll ir das grab nit zumachen, dann

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ir bas, Anna von Zollern, werdt nach ir aptissin, aber im ampt nit lang leben, sonder ir baldt nachsterben, damit sie baidt in ain grab kommen. Das alles beschach. Die grefin von Zollern wardt eptissin erwellt, lebt aber nur ain monat, da wardt sie zu ir, wie sie bevolchen und vorhin

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geweissagt, begraben. Der allmechtig seie inen allen gnedig und verleihe uns auch ain selligs endte! Amen. *

Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band I. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 354. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_1_354.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)