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beschleust die thür am stüblin und den nechsten zu der herzogin, die den kopf vorm fenster hett. Der hueb er die klaider dahünden uf und fieng an dem nest zu zu schanzen. Die herzogin wust nit, wer dise gugelfuer anfieng, war

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zornig, sicht hünder sich und sprücht (gleichwol mit gröbern worten): «Wer plagt mich dahinden?» So ersicht sie aber, daz es herr Veit von Emmershofen war, derhalben ließ sie iren zorn fallen, sprechende: «Sihe, herr Veit, seindt irs? faren für», und damit sahe sie widerum zum fenster hinauß,

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wie vor, und ließ herr Veiten machen. Ich hab wol von den alten gehört, das sie ain offenhaiser hab gehabt, genannt der Halberdrein, der ist ir ganz haimlich gewesen, bevorab so der graf von Fürstenberg oder herr Veit von Emmershofen nit bei der handt. Derselbig hat ir zum

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oftermal im frawenzimmer müeßen retterschen ufgeben. Uf ain zeit hat sie abermals ein abenteurige rettersch von ime haben wellen, do hat er gesagt: «Gnedige fraw, so E. Gnaden nackendt wer und uf allen vieren stüende, und sich begebe, das ain kütt hüner derselben zwischen und durch

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die pain hinliefen, wie wolten sie thuen, das dero keins weder davornen noch dahünden hinein flüege?» Hat sie damit nach irem gefallen rathen lassen. Bei sollichen retterschen ist wol abzunemen, was das für ain regiment sei gewesen[1].

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Bei unsern zeiten haben wir vast ain gleichförmige fürstin gehabt an der herzogin von Rochlitz, dise ist landtgrafen Philipsen von Hessen schwester gewesen. Die hat der from herzog Jörg von Sachsen seinem eltern son, herzog Hannsen, vermehelt, aber do war kain glück. Derselb

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herzog Hanns war seins handtwerks ein narr; er verließ auch kain kündt, sonder starb bei zeiten. All sein datum standt uf guetem roten wein, den trank er gern und soff sich zu todt. Er war so dorecht, das er manichmal zu Dresden oder Leipzik uf der gassen geritten und offenlich

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nüß hat ufgebissen und gessen. Nach seinem absterben


  1. gewesen] über die erzherzogin Mechtild handelt ausführlich und mit häufiger bezugnahme auf diese chronik Ernst Martin, Erzherzogin Mechtild, Gemahlin Albrechts VI von Oesterreich. Versuch einer Lebensgeschichte; s. Zeitschrift der Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Alterthums- und Volkskunde von Freiburg II, 145—271, und III, 207—208; den grafen Heinrich von Fürstenberg betreffend s. auch Riezler, Fürstenb. Urkundenbuch III, 278.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band I. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 455. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_1_455.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)