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halb noch vil jar leben megen, so im sein leben nit were also verretterisch gestollen worden. Aber wie solts dem diener ergeen, so der herr selbs mit gift[1] ist ermürt? Da ist nun, wie man sagt, also zugangen. Der frum künig Philips

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ist bei seiner gmahl, der künigin von Hispania, in ain verdacht kommen, ainer bulschaft halb, darin [1220] ime doch unrecht, wie sich das hernach grundtlichen befonden, beschehen. Solches hat sie so gar hoch uf und zu herzen genomen, das sie ir entlichen fürgesetzt, iren herren und

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gemahl, den künig, darumb umbzubringen, wie dann die weiber leuchtlich glauben und sich bald zu rath bewegen lassen, nach altem sprüchwort, das sie lange klaider und kurze sinn haben. Also beschach do auch, sie vergaß sich selbs und vergab dem unschuldigen und frumen künig, das doch imer

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schad war. Kurz vernam sie darnach, das sie unrecht an der sach war gewesen und sich iren gehen kopf hat lassen überwinden. Do gerowe es sie, inmaßen man von dem Herode list, do er sein weib, die Mariannen, von unschuldt wegen tödten ließ. Das alles beschach alhie auch, sie kunt

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kain rhuo, noch rast haben, also triben sie die Furiae, und do sie den gemahl nit mer het oder haben kunt, do het sie in erst gern gehapt und war ir lieb. Kam dahin, das sie desshalben sich erkommert, das sie von sinnen kommen und zu aim lautern kindt worden. Man hat sie in ain closter

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gethon, do hat sie noch vil jar gelept in ainer sollichen unbesinten, dollen weis, das sich menigclichen darab verwundert. Er ist ir leiblicher son, kaiser Carle, mehrmals zu ir kommen, das sie ine nit kennt, auch nit als ain son erkennen wellen. Was dorheiten sie begangen und für seltzamer hendl

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gehapt, darvon wer ain besonderer tractat zu schreiben. Und wiewol die weltlich obrigkait ein sollichs greusenlichs parricidium nit straffen wellen, so hats der allmechtig in diesem zeit wol gerochen, das er sie so lange und vil jar in so großen engsten, jamer, trüebsal und marter irer aignen

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gewissne leben lassen, das sie nit ersterben kinden. Der almechtig verzeihe der seel und laß sie eins sollichen großen mordts nit entgelten! Denen hochen leuten laufen die bösen stuck ungestrafft hin, es gehörte aber ein liderner sack darzu,


  1. gift] s. Roth von Schreckenstein, Zeitschrift für Geschichte von Freiburg I, 131, wogegen einen vergiftungstod Wolfgangs zweifel geltend gemacht werden.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band II. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 170. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_2_170.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)