Seite:De Zimmerische Chronik 2 294.jpg

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wardt ain groß gelechter darauß. Uf sein alter war all sein, des Paulins, datum uf den wein gestellt. Er hett ain bueben, der war also abgericht, so er in hieß wein holen und den bracht, muest er von weiten in der gassen singen;

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damit kunt er, Paule, vernemen, ob der wein brechte, oder nit. Darab hett er dann ain besondere frewd. Er hett ain gesellen zu Mösskirch, hieß Hanns Hartman, war eben so vertrunken wie er. Derselbig, so er gern wein getrunken, fieng er an mit seim weib rechnen, wievil [sie][1] äcker hetten,

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die wollten sie theurer, dann der wert, verkaufen und das gelt an ain zins anlegen. Wann sie dann die somma zusamen schluegen, sprach Hartman zum bueben: »Wolan, bueb, hol uns zwo maß wein, wir sein noch unverdorben, es mags wol ertragen!» Aber sie trieben das rechnen und

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weinholen so lang und so vil, das sie schulden halb die äcker und wisen verkaufen muesten, und ward dennost kain zins angelegt. Gleichergestalt sein des Hartmans freundt zu Mösskirch, Hainrich Keller, genannt Silberer. Der hett ein erbare narung, aber er ließ im den wein auch zu lieb

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sein, derhalben er auch letzstlichen sein haus, äcker und wisen verkaufen mueste[2], und verdarb neben seim weintrinken mit großer mühe und übelzeit, dann er richtet ain wagenfart zu, damit fuor er in das Breisgew und Elsäs, wein holen. Aber es wolte im auch nit glücken, sonder

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verfure, was er guets und noch überig het. Darneben was er ain ganz holtsellig man von guten sprüchen. Wann er under die metzge gieng, flaisch kaufen, redt er den metzger tugenlich an, sprechendt: »Metzger, gib mir flaisch, ich bin verdorben biß an fünf-, sehsundert gülden!« Aber die

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rechnung fälte weit. Er hett ain groß buech daheim, darin hett er seine schulden geschriben, die man ime schuldig, auch die er schuldig war; so dann etwar seiner gueten fraindt oder gesellen ainer zu im kam, schlueg er mit der handt uf das buch, sprechendt; »Das ist mein schuldbuech

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uf dem landt, in der statt und allenthalben.« Diese zwen, nemlich der Hainrich Keller und dann der Hartman, waren des Paule Baders gesellen und halfen alle ainandern, damit das güetle verdrunken und verthon ward. Bemelter Paule raisete uf ain zeit mit seim dochterman,

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Jacob Maierbrun, geen Hausen an die Tonaw, da wolten


  1. sie] wohl zu ergänzen.
  2. mueste] hs. muesten.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band II. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 294. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_2_294.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)