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der opium ain söllichs giftigs gesaft, das schlaffen und unentpfindtlichen macht, und do man in dosi ain wenig fellt und der sachen zu vil thut, so ist es dödtlich. Man praucht es auch selten seiner übergroßen kelte halb in leib, sonder

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merer tails von ußen zu, insonderhait in den großen gebresten, da man den schmerzen zu vermeiden oder ain unentpfindtlichkait einzufüren willens ist. Was sollt geschehen? Der gut, erlich man vermaint sein gesundthait noch uf vil jar zu erhalten, drank das digestif, darauf schlief er bei zwo

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und dreißig stunden an ainandern. Hernach erwacht er, schnapt ainmal oder zwai nach dem athem und war racks dodt. Man hat dem doctor und dem apoteker dises übersehen, wie gepürlich, verwisen und ufgehept. Was kunt aber das den erlichen man helfen, der sein junges und

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gesunds leben darum hat geben müeßen? Domit wir uns aber nit bemüehen mit denen beispülen, die in Sachsen fürgangen, so haben wir in unser landtsart noch in frischer gedechtnus, was dem Ernsten vom Fürst mit seiner dochter dessfals begegnet. Dem ward die dochter

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krank zu Egelstal[1]. Er schickt nach aim medico gen Tübingen, war ain doctor und ordinarius professor der arznei, hieß doctor Michael Rucker. Wie er nun zu der jungfraw kam und befand, das sie mertails von den hauptflissen beclagt, do ordnet er ir pillulas, die sie prauchen: solliche bracht

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er ir von Tübingen, gabs ir ein. Was sollt beschehen? Die gut jungfraw lept wenig stund hernach, do gab sie den gaist uf in beisein ires vatters und des medici. Wem war engster, dann dem doctor? kund doch nit wissen, wie es zugangen. Also mit erlaupnus des edelmans do verfüegt

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er sich eilends gen Tübingen, erfordert in beisein anderer studiosen sein recept in der apotek. Das ward auch recht erfunden, aber wie er sich in der apotek weiter erkündiget, do erfand sich, das der apotekerknecht bei aim tag, zuvor und ehe er der jungfrawen die pillulas zugerüst, in selbigen

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mersel het ain salben zugerüst von opio; den merser aber het er darnach nit wider ußgeseubert, derhalben dann der massa pillularum mit den vergiftigen reliquiis von der salben war verunraint worden, darum auch die unschuldig jungfraw ir junges leben must verlieren. Und domit het sich

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gleichwol der doctor salvirt und entschuldiget, aber dem


  1. Egelstal] s. Beschreibung des Oberamts Horb s. 215.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band II. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 345. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_2_345.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)