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ein ochsenkres essen. Solchs hat dem kaiser wol gefallen und darbei abnemen künden, das der münch ain hungeriger kerle und nit genug het an aim kalbskres gehaben kinden. *

Aber wiewol fröle Barbele, herr Gottfridt Wernhers

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dochter, alles ires gesichts, wie gehört worden, beraupt, nochdann hat sie mit der zeit alles kirchengesang gelernet. Sie steet vorm pulpito, hilf[1] den andern singen, und nit allain das sie das gesang und die melodei kunde, sonder sie singt auch in dem gemainen gesang die lateinische wort so

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verstendlichen, das es ires mangels gesichts halben schier ungleublichen ist. Und wiewol sie im closter der regel und dem orden gemeß ganz genaw und in großem abbruch lept, zugleich den andern closterfrawen, iedoch so ist sie ganz gesundt und stark darbei. Ich acht auch, das sie von

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irer anfrawen, der grefin von Ötingen, in irer kinthait ganz rauch und mit groben speisen erzogen, das hab sie so stark und gesundt gemacht, so doch ir schwester, die dem grafen von Zollern vermehelt worden, wie hievor [574] gehört worden, von irem herrn vatter gar uf ain andere manier ufzogen

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und mit aim sollichen ufmerken und besondern, ußerlesnen speisen erhalten, das sie hernach ir lebenlang zu keinen sondern creften kommen künden, und ist auch hernach biß in iren todt also valetudinaria und blöd bliben. Ich kan mit keinem stillschweigen umbgeen zu

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vermelden, welcher gestalt dieses frölin Bärbelin in seiner künthait umb sein saugamma komen und von ainer andern außgeseugt worden. Das hat sich also begeben. Herr Hanns Weingeber, caplon zu Mösskirch, von dem hievornen vil gesagt, het ein junge magt, genannt Elslin, die het bei im

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ain kindt gehapt; das war gestorben, derhalben herr Gotfridt Wernher von Zimbern mit dem pfaffen handlt, das er im die magt bewilligen sollte, das frölin zu saugen. Das ließ der pfaff zu, mit dem geding, das er sich der magt, so lang das saugen weren, verzeihen und der sich müßigen

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sollt. Aber unangesehen aller beschehner abrede, es gieng ain kurze zeit hin, der pfaff vergaß aller vergangner tractation, und wa er kunt, zoch er die magt widerumb ein. Kam dahin, das sie mit aim kindt gieng, gleichwol der pfaff darfür haben wolt, auch sich selbs beredt, das kindt wer

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herr Gotfridt Wernhers, dess doch nit zu glauben, dann den


  1. hilf] statt hilft; s. oben zu 239, 22.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band II. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 516. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_2_516.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)