Seite:De Zimmerische Chronik 2 547.jpg

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Zimbern bewonet, allernechst der pfarrkirchen S. Martin gelegen; alda ist sie ob den zwainzig jaren bliben und hat ain sollichen erbarn, gotzförchtigen wandel gefüert, darab sich menigclichen verwundert. Sie ist steetigs, biß an ir

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ende, in weisem beklaidt gewesen und ein klaidung gehapt, als ob das ain sonderer orden gewesen were; so ist sie auch ain solche gesunde fraw gewesen, das sie kein krankhait nie erliten, allain in irem alter hat sie ein fluß an ainem schenkl überkommen, der hat sie vil jar vermutlichen

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beim leben ufenthalten. Aber in obernemptem jar hat sie den schenkel wider aller arzet und der verstendigen rath zuhailen lassen, darauß gevolgt, das sie zu schwachen angefangen und zu geschwellen, das sie zu bet sich legen müeßen. Noch hat sie niemands bereden künden, das sie

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ein medicum annemen oder dem volgen wellen, sonder sie hat allwegen gesagt, sie welle der arzet und apoteker füeß (also hat sie die medicamenta genennt) nit essen oder trinken, sonder welle Got vertrawen und die natur wirken lassen. Das ist nun ain zeit lang also angestanden, das sich ire

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sachen deglichs gebösert. Wie sie das vermerkt, das kain bösserung vorhanden, hat sie [sich][1] mit großer andacht, ganz christenlichen, versehen lassen und also der beruefung erwartet. Ir sone, herr Gotfridt Wernher, hat one ir wissen bei den doctoribus consuliert, aber es ist zu spat gewesen

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und hat nichs helfen oder erschießen megen. An s. Bartolomestag, als menigclichen zu unser Frawen jennet der Ablach im ambt gewest (dann herr Gotfridt Wernher darvor die pfarrkirchen zu S. Martin abbrechen lassen und die fundamenta domals mauren ließ), hat sie sich gegen denen,

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so bei und umb sie gewest und uf [587] sie gewart haben, ires schmerzens halb heftig erclagt; darnach, als sie gebettet, ist sie in kürze darnach ganz selligclichen und nit anders, dann als ob sie entschlafen wer, uf dem bet verschaiden. Und ob sie, wie gehört, den arzeten nit

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nachgefragt, iedoch hat sie selbigs tags morgens früe den Gangolf Örtlin mit dem wasser zu doctor Geörgen geschickt. Sie hat nach irem absterben ein sollichs wolgefärbtes angesicht gehapt, darab sich alle die, so das gesehen, höchlichen verwundert, also auch das ire wärterin lang gezweifelt,

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ob sie gestorben, oder noch bei leben. Ist beschehen uf


  1. sich] wohl zu ergänzen.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band II. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 547. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_2_547.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)