Seite:De Zimmerische Chronik 2 548.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

jar und tag, wie oblaut, in der neunten stundt vor mitemtag, ires alters ungefärlichen bei den 70 jaren. Gegen abents ist sie in dem chor zu S. Martin, der domals unbedeckt gewest, vor dem sacrament, an dem ort, do iezmals

5

der fronaltar stehet, begraben worden. Sie ist von menigclichem hoch beclagt worden. Ire drei söne haben sie erlichen bestatten lassen. Der dreißigist ist von den genachpurten prelaten, als abt Gebhart von Pettershusen und andern, statlichen besucht worden, und dieweil ain lecherliche

10

sach uf solchem dreißigisten sich begeben, kan ich die zu vermelden nit underlassen. Es het herr Johanns Wernher ain dorechten mentschen von kindswesen umb Gottes willen erzogen, genannt Michel Nar, war von Besika pürtig, der hat sein tag vil kindischer, lecherlicher sachen begangen,

15

die umb kürze willen iezmals zu erzellen underlassen werden; aber uf disem dreißigisten, als er ungeferdt auch in die kirchen zu unser lieben Frawen kam, het er sein gewonlich klaidt an, war ain geliderte eselhut[1], und so er die als ain rock zu im gürtet, konte er den außgefülten eselkopf als

20

ain cappen ufsetzen, zu dem er seltzam beschoren. Wie er nun zum seelampt kompt, wardt das, wie gepreuchlichen, mit niderer stim und[WS 1] cleglich gesungen. Das misfiel dem narren, der gieng trawrig in der kirchen umbher; als aber das seelampt sein endtschaft erraicht und der schuelmaister

25

unser lieben Frawen ampt »Salve sancta parens« etc. mit hocher stimp anfieng und die andern priester sampt den schuelern dasselb mit frölicher stim sangen, empfieng der dorecht mentsch darab ain solchs wolgefallen, das er im selbs nit entziegen konte, sonder damiten in der kirchen

30

warf er ain arm uf und schrie so laut er konte: »Laß geen! laß geen! das laut, das laut,« derhalben ain sollichs gelechtert in der kirchen sich erhub, das man den narren, der gleichwol mit seinem geschrai fürfuere[2], zur kirchen hinauß fieren muste. Er hat uf ain zeit, als er aim priester

35

zue Mösskirch zu altar gedienet, kein glögklin gehapt, damit er ad elevationem klingln kinden; damit nun an seinem fleis nichs erwünde, hat er, wie man elevirt und er hünder dem priester geknüet, mit baiden henden an die rollen, so er an seinen oren gehapt, zugleicht als ob er klinglt, ge-


  1. eselhut] d. i. eselshaut; hs. eselhuet.
  2. fürfuere] hs. furfiere, wohl veranlasst durch das folgende fieren.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: nnd
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band II. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 548. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_2_548.jpg&oldid=- (Version vom 8.5.2018)