Seite:De Zimmerische Chronik 3 071.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


schadt. Er war sonst ein ungeschafen man, darumb gefiel er auch seim weib nit, der Lenora Werdenbergerin.

Baldt hernach, in der werdenbergischen handlung wider graf Friderrichen von Fürstenberg, darvon in nechstem

5

vorgenden capitel gehört, kam herr Gotfridt Wernher ains tags zum morgenmal geen Falkenstain zu seinem brueder, herr Johannsen Wernhern, war nur selbander die weld herab von Wildenstain geritten. Begab sich ungeschicht, als die baid herren ob disch saßen, so kompt herr Hanns Weingeber

10

ans thor von Falkenstain[1] und wust von seinem herren, herr Gotfridten Wernhern, nichs zu sagen, wo er were. Es hetten baid herren ein freud ab seiner zukunft, iedoch entschlußen sie, das sich herr Gottfridt Wernher auch welt hünder den offen verbergen und hören, was der pfaff von

15

ime sagen welt. Der pfaff ward eingelassen und gleich hinauf zum essen gefüert, das er nit merken oder erfaren kunt, das herr Gottfridt Wernher verhanden. Wie er in die stuben kompt und von herr Johannsen Wernhern empfangen, muest er gleich zu disch sitzen. Herr Johanns Wernher

20

fragt in under andern reden: »Herr Hanns, wa ist mein brueder im landt, ewer herr?« Der pfaff sagt: »Beim lebendigen Got (also war sein schwur)! gnediger herr, ich waiß nit, wo er ist, es ist ain wunderbarlicher herr, ich kan mich ußer seinem wesen nit verrichten.«  Sprücht herr Johanns

25

Wernher: »Er sollt gestern zu mir alher kommen sein, aber er reit darafter, weist niemands, wo.«  Mit denen reden war dem pfaffen angeholfen, das er mit der sprach herauß felt. »Ja, gnediger herr, freilich ist er ain seltzamer herr, es waist niemands, wer übel oder wol an ime ist. Ich kam

30

den vorigen tag zu im, het bei im was zu verrichten, aber ich mocht kein gueten beschaidt von ime erlangen, dann er war wegfertig, wolt verreiten und het an ain großen langen mantel und ain praiten huet uf, sahe scheutzlich, wie der teufel, und sagt: »Pfaff, pack dich hin! was hab

35

ich mit dir zu thuon? du kompst alle mal zu unzeiten«, und damit so wolt der pfaff auch vermelden, was herr Gotfridt Wernher für argwönig gest haimlich zu Wildenstain enthielte, so winkt im herr Johanns Wernher, er soll stillschweigen und mit seinen reden nit weiter laufen. So tritt

40

herr Gotfridt Wernher hünder dem offen herfür, sprücht mit


  1. Falkenstain] hs. irrtümlich Mösskirch.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band III. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 71. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_3_071.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)