Seite:De Zimmerische Chronik 3 270.jpg

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gleichwol er wust, wie die sachen beschaffen warn. Die hochzeit war auch am hof gehalten. Uf die nacht do ward sie dem herren von Laval mit groser ceremoni zugelegt. Wie sie nun allain, do wolt der herr erfaren, ob sie zuvor

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auch in den scharmitzeln gewest, gleichwol er daran nit zweifelt; darum ußer groser schalkhait und sie zu versuchen, do thett er dergleichen, als ob er nit wisste, wie er im thon oder was er solte mit ir anfahen, und name den penitenzer in die handt und hueb ir in für den mundt. Dieweil ir aber

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derselbig in quantitate et qualitate gefiele, do kont sie nit lasen, sie schrie: »Eihe her, er gehört nit daher, baß hinab!« Der von Laval muest vor bosshait seines aigens unfahls lachen und sprach: »Mein freindin (also gipts die sprach zu reden), hapt ir das handtwerk so wol zu hof oder sonst

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gelernet, so hole der groß teufel den meister, der euch das gelernt hat! « Das sein ie züchtige hendel in eins sollichen mechtigen königs frawenzimmer, und ist leuchtlichen zu erachten, was das hernach für ein friedliche oder freuntliche ehe sei gewesen. Darumb gerath es auch selten und bricht

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das ein tail die krieglin und der ander teil die hefelin. Das war gleichwol domals am hof und an vil orten in Frankreich nichs seltzams. Vor jaren, ehe ich in Frankreich kommen, waren zwen grafen am hof, darunder der ain war ain Deutscher und baid verheirat. Do war es mit iren baiden weiber[1]

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so offenbar, das die graven baide solchs gründtlichen wissten. Was sollten sie aber thon? Und einsmals schickt es sich, das sie baide am hof mit stupfreden ainandern stachen. Sprücht der Welsch: »Herr, wer mainen ir, der bei ewerm weib seie, seitmals der könig alhie bei uns?« Der Deutsch[2]

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war nit unbehendt, sprücht: »Herr, was mag das für ein schandtlich, unerlich man sein, der sein schmach vor augen [779] sicht und die befürdert, auch darzu hilft?« Damit het er den Franzosen wol bezallt. Man sagt, der künig hab dise wort gehört und sie verlacht. Darumb soll sich

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niemands verwundern, das jungfrawen an diesem hof so geliernig sein gewest und lang darvor, ehe sie verheirat worden, in erfarnus gepracht, wie man im thuen sölle und wo hin mit dem gesellen, und hat der müe nichs bedurft, wie man sprücht, das einest vor vil jaren die jugendt zu Ulm

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gemainlich so einfeltig gewest, wann sie verheirat worden


  1. weiber] hs. weiter.
  2. Deutsch] hs. Deusch.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band III. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 270. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_3_270.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)