Seite:De Zimmerische Chronik 3 360.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


niemands, was eim bei nacht uf der straßen und in einer unbekannten landsart widerfaren mag. Ob sie gleichwol die obgenannten kirchen zu Allen-Hailgen zur rechten handt ob inen am berg sahen, so getraweten sie doch nit wol

5

dahin zu kommen, zu dem ein zweifel einfiele, da die kirchen beschlosen würde sein, nit würden künden hineinkommen. Derhalben nach langer berathschlagung entschloß sich der graf, dieselbig nacht im namen Gottes daselbs übernacht zu bleiben und des tags zu erwarten. Also wardt ein dicker

10

paum gesucht, der den windt und[1] luft etwas mechte ufhalten, aber da war wenig vorteils zu finden. Also warden die gueten [ross][2] an die nechsten beum angeheft, die muesten dieselbig nacht ohne gessen und gedrunken im veldt bleiben, und mochten des schimpfs des vergangen tags nit gelachen.

15

Der graf und der diener kunten sich izundt wol mit ainandern vergleichen, satzten sich ganz ainig under den nechsten paum, unfer von rossen, zusamen. Da wardt von allem, so die lang weil mocht vertreiben, geredt, zu zeiten auch lang gesungen, gleichwol das ußer keinen frewden beschach.

20

Sie sahen die liechter in der statt und im schloß, hörten auch ganz haiter die uren schlagen, stunden ußrüefen und die trommen schlagen im schloß, biß nach mitternacht. Aber da facht sie kein danz an, sonder sie waren der masen ernüchteret, das sie lieber ain stuck brots gehapt; der

25

gröst durst, den sie hetten, war nach einer warmen stuben. Als aber der hunger umb mitternacht überhandt name und doch nichs zu essen hetten, do warden die bullen ufgeschlossen und die arzneien und preservativen wider die [831] bösen luft herfür gesucht. Nun het der medicus zu Speir,

30

doctor Mathis . . ., den grafen mit allerhandt sachen zu disem gebresten versehen, insonderhait aber mit einer costlichen latwergen, so dise krankhait preserviern sollt; war auch zimlich lieblich zu essen. Dieselbig preservatifflatwerg sampt andern tabulaten und kraftzeltlin, das wardt alles

35

fürn hunger ufgefressen, dessen hernach wol gelacht wardt und der medicus, wie er das hört, in schimpfweis sprach: »Der graf und der diener solten billich uf zwainzig jar vor der sorgclichen krankhait preservirt sein,« wie auch hernach, Got lob! beschehen; gleichwol der doctor dem Melchior

40

Schenken ein preservatiff für den wein solte geben haben,


  1. und] hs. uf.
  2. ross] fehlt in der hs.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band III. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 360. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_3_360.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)