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das et nit harnen konte. Wie solche not bei zwaien oder dreien tagen geweret, fieng er an und harnet kislingstein, in der gröse wie die haselnuß. Deren hat er etlich hand vol geharnet. Das haben vil erbar und biderleut

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augenscheinlichen gesehen, und das sich noch mehr zu verwundern, so baldt der jung die kissling von im gelassen, hat er kain weitern schmerzen oder schaden entpfunden. Vil der verstendigen haben vermaint, solch harnen sei nit natürlichen, sonder ein maleficum oder zauberei, darfür ichs dann

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auch hab. Es war dozumal einer zu Mösskirch, hieß Hainrichman Schwarzach, mit dem zunamen Spindler, dem war sein weib in dem vergangnen sterbendt auch hingangen. Dieweil er aber noch ain unrüebig man und villeucht nachts nit schlaffen[1]

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kunte, do schlupft[2] er aim zum weib, hieß Hanns Traber, man nampt in nur Maulhans von wegen seins übergroßen mauls, und het kein gueten sant Johanns geben, man het vil goldts brauchen müeßen. Das geschach nur mehr, dann ain mal. Uf ein zeit kompt Maulhanns oder Faulhanns ab

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der wacht (dann er selbigs mals ein wächter zu Mösskirch und die stunden ußrüefen sollt) unversehenlichen in sein haus und vermaint sein weib im bet zu finden, so war im aber diser Hainrichman in die schanz gefallen, und seitmals der guggulus haimlich ins haus und die cammer geschlichen,

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ergreift er in geradt uf und in dem weib. Hainrichman forcht im übel, wie er den man bei monschein ersicht, besorgend, es würd im nit wol darob ergeen. Indess sprücht Maulhans : »Sihe, Hainrichman, finde ich dich alda? ich wil dirs warlich nit nachlasen«, damit name er Hainrichmanen

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den huet und gieng darvon, damit er sein corrivalen nit weiter verrirte, dann er war ein recht gueter man. Man sagt, er hab hernacher ein andern auch beim weib ergrifen, genannt Marte Himmerreicher; derselbig, wie der Maulhanns anfieng zu fluchen und zu trewen, wolt eilends uf und

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zu der wehr sich stellen, aber die Maulaffra (also hieß sie) wolt in nit von ir uflasen, hielt ine in den armen und sprach ganz dugentlichen zum man: »Ach mein lieber Hanns, schweig und thur nit so letz! er hat uns ein guets brates gebracht, daran wir disen tag genug zu essen haben«.

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Ab diesem heftigen segen des weibs ließ sich der Maul-


  1. schlaffen] hs. schaffen.
  2. schlupft] hs. schupft.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band III. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 380. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_3_380.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)