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hin und wider in der finsteren nacht gefüert, das sie nit wissen könden, wohin oder wohinauß, allain das sie bedeucht, er füere sie rings umb ein waldt. Letstlich seind sie zu einem schloß kommen und stillschweigend über die

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brugken in einen hof geritten, daselbst sie alle thor und thürn offen befunden. Der knecht ist mit der hebammen abgestanden und hat sein ross angebunden und ir bevolchen, sein ein kleine zeit zu warten. Das ist beschehen. Also ist der knecht wider zu ir kommen, hat sie getröst und

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also finster in das haus gefüert. Wie sie wol hinein kommen, haben sie anfangs ein liecht ganz dusem brinend gesehen, dem sie zugangen. Daselbst hat sie der knecht in ein alten, leren keller gefiert, darin ist ein schwangers weibspildt in einem sessel gesessen; dero hat man den kopf und

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das ganz angesicht also verbunden und verhüllet, das sie nit het megen erkent werden. Darneben ist ain angemachts bet, vil angezünter liechter, auch alle beraitschaft darbei gewesen, was sich zu und bei einer gepörenden frawen gebürt, gleichwol sonst niemands bei der schwangern frawen

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gewest, dann ain alte, unerkannte fraw. So baldt der knecht die hebammen in keller gebracht, do hat sich die guet schwanger fraw ganz ibel gehept. Der knecht ist darvon gangen und hat die hebamma bei den zwaien frawen gelassen. Es ist nit lang angestanden, do hat der allmechtig

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gnad verlichen und ist die schwanger glücklichen erfrewt und mit eim jungen son begabt worden. Gleich darnach ist der knecht, so die dahin gefüert, wider kommen, hat sie erlichen begapt, wider von dannen in hof gefüert, hünder sich gesetzt und über die prucken darvon geritten. Er hat

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sie wider, wie hievor, abermals hin und wider im waldt gefüert, doch gegen tags sie widerumb zu der Scheer gebracht. Da hat er sie verlassen und sich kurz widerumb darvon gemacht, also das die hebamm nit wissen oder ainig gründlich anzeig thuen künden, wo sie gewesen oder

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auch wer die schwanger fraw, dero sie geholfen; allain hat sie sagen künden, die gepörend fraw seie ein schöns und zartes mentsch gewesen, mit überauß schönen und linden henden. Es ist vil kuntschaft darauf verwendt worden, zu erfaren, hat aber gründtlichen nit megen erkundiget werden.

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In dem ist aber kein zweifel, es ist nit verr von der Scheer gewest, dieweil es alles in ainer nacht volpracht. Es ist auch kein closterfraw gewest, sonder ein weltliche, mit dero


Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band III. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 466. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_3_466.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)