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kopf, die arm, die lenden ganz gratiose und ohne alles ufhören. Wie aber die fraw augenscheinlich befindt, das da kain ufhören, verflucht sie selbs der Bellisin, irer schwester, rathschlag und künsten und stand geschwindt uf. War

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einsmals wider gesundt und bat umb gnad. Wie man sagt, so hat sie hernach bei irem herren kain sollichen siechtagen mer bekommen. Ist fürwar ein solliche edle that an den herrn, das ime der landtsfürst der ursach halben billich ein statlichs lehen solte zugestellt und verlihen haben. Was ir

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schwester, die deutsch Bellisin für ain thier, da könte man ain aigen buch von schreiben; dann so in der selbigen ganzen landtsart ein herr oder edelman ein ungezempte, ungezogne dochter oder verwandte, die hat man ir ain zeit lang verstellt, mores zu lernen, ein sollicher hellrigel ist es gewest.

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Und wiewol diser deutsch Bellis ein ernsthafter, dapferer graff, auch das ansehen darnach gehapt, so sprücht man doch, er hab kein maistergesang in seim haus gesungen, wover er das haupt nit hab zum fenster hinaußgebotten. Aber der von Geroltzeck [990] seltzame weis ist

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sonderlichen bei dem abzunemmen, das sie vor jaren ein jungkfraw gehapt, hieß Anna von Mandach; die het etwann in der nacht, da sie vil lieber geschlafen und ir rhue gehapt, ufsteen und denen vögeln in kefigen das hackbret schlagen müesen. Dem vergleicht sich, das sie einsmals grave

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Christofs von Tengen gemahl, war ein grefin von Zollern, zu sich uf Geroltzegk luede. Under andern kurzweiln fande sie ein zainen mit airn under ainem bet steen; die zoch sie herfür, sprang darein, das nit ain ai ganz blib, und vermanet die von Tengen sollichs auch zu thuen. Sie hat ein

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wunderbarlichen sinn gehapt. In anderer mentschen, ja in irem aignen tribsal und laid hat sie wol lachen künden. Von irer seltzamen weis were ein besonders capitel zu schreiben. Wer solt aber gern umb ein sollichs böss thier wonen? Und da ain böss oder [un]guet[1] eheweib nit solt geduldet werden,

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wie ein tirannische, gotlose obrigkait, da das ein under eim hausgesündt, das ander über ein landtschaft und vil armer leut sein mutwillen übt, so wer kein wunder, ob schon der psalm »Deus laudem[2]« über ein solliche ungerathne bestiam gesprochen würde, wie man vor jaren von denen münchen

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zu Schonow gesagt, das die den alten churfürsten, pfalzgraf


  1. unguet] so wohl.
  2. Deus laudem] d. i. psalm 108.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band III. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 612. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_3_612.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)