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Bemelte grefin von Hennenberg hat bei irem gemahl, graf Göttfriden Wernhern, nur zwo döchtern gehapt, wie oblaut, und sonst kain kündt mehr, und ich glaub, das es in fatis gewest, das die grefinen von Hennenberg bei unsern zeiten

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also unberhaft. Vor vil jaren haben sie vil kinder geborn. Dess mag ain exempel genommen werden ab ainer grefin von Hennenberg, genannt Margretha, die aim grafen von Hollant[1] vermehlt gewest; die hat umb die jar nach Christi gepurt gezelt 1313 in einer kindtbet dreihundert sechzig und

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vier kinder geporen, alle in mentschlicher und volkomner gestalt, sein auch lebendig zum sprengeltauf, wie mans haist, kommen. Ist ein götliche warhait, daran nit zu zweifln. Also habens auch die von Braunsweig in ir statbuch für ain besonders wunderwerk, dergleichen auch Cranz und andere

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mehr verzaichnet. Man schreibt, bemelte grefin von Hennenberg hat etliche weiber, die ainer gepurt mehr, dann ain kindt gepracht, zur straf einzogen und ganz scharpf gegen inen gewest, uf mainung, als ob sie nit recht sachen fürten. Darumb hat Gott ain sollichs über sie verhengt. Ist

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ungefärlich bei drithalb hundert jaren, das es beschehen. Lang davor ist auch ein solche fruchtbare grefin in Saxenlandt und graf Gebharten von Querfurt vermehelt gewest. Die hat in einer künpet neun kinder geporn, welches sie sich hoch geschempt und das in abwesen ires herrn zu

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verhalten understanden; darauf ein kündt under den neunen, so ir am anmuetigisten, behalten, welches sie erzogen; die überigen achte hat sie bevolchen haimlichen in einem bronen oder bach under Querfort zu ertrenken. Nun hat ir herr, graf Gebhart, noch ain brueder gehapt, Bruno

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gehaißen, war gaistlich und ain bischof in Breißen; der wolt einmal sein vatterlandt haimsuchen und kam user sonderlicher schickung Gottes wunderbarlichen zu solcher handlung. Dise grausame that zu verhündern, nam er die kinder und gab sie dem müller under dem schloß, in [1005] seinem

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nammen zu erziehen. Der kessel, darin die künder zum bronnen getragen und ertrenkt haben sollen werden, hangt noch


  1. Hollant] hs. irrthümlich Holstain. Das verhältniss ist umgekehrt; es war die gräfin Margaretha, tochter des grafen Florentius von Holland, an einen grafen von Henneberg, Hermann, vermählt; über diese sage vgl. Schultes, Diplomatische Geschichte des Gräflichen Hauses Henneberg I, 130—132, wo quellen angegeben sind; s. außerdem noch Guicciardin, Niderlands Beschreibung (1580) s. CCXXII; Grimm, Deutsche Sagen (1866) nr. 584.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band IV. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1882, Seite 4. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_4_004.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)