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in die handt gab oder ir verhieß, wie das liedt sprücht; er bracht sie mit ainem solichen heftigen segen ufs lotterbet. Das alles konte der landtfarer hören. Der war ab disem gefert erwacht und hielt sich ganz still, warzunemen,

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was doch darauß werden welt. Indess, wie der paurenknecht ganz liederlich anfangs mit der sach umbgieng, zu gedenken, er seie domals noch in leerjaren gewesen, und darnach sich ie greusenlicher stellen wardt, begert die guet dochter, er solte gemach thuen und bei gueter zeit ufhören, damit kain

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jungs darauß würde. Das be[1008]williget der paurenknecht und erpot sich, er wellt hüpschlich und seuberlich einher faren, auch ohne schaden machen. Fürwar, der gueten dürnen war ernst. Die bedrachtet anfangs allen nachteil, der darauß megte ervolgen, aber wie der grob paurenknecht

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mit seinem wüesten schnidmesser den kitzel in das hünder vierthail bracht, fieng sie mit niderer stim an zu jemern und zu schreien: »Ach, mein lieber Hanns, stich umb dich und stich in alle wendt und wie du wilt, du darfst kain kindt nit fürchten[1]! Lieber Jockel, far für! höre nit baldt uf und fick

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mich, lieber Petter!« Der guet landtfarer, der hünder dem offen sas, mochte alle dise wort hören; der hette inen dise gugelfur wol gunnen megen, dann er für sein person in sollichem fahl nit eßig, sonder het ain faiste suppen darfür genommen. Aber es war dem gueten man umb sein fidel

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zu thuen, die an der wandt hienge. Derhalben, wie er vernimpt, das der paurenknecht in alle wendt umb sich stechen solt, förcht er seiner geigen, das im der ungehewr knebel die in solichem gedresch auch durchstechen oder zergengen mecht. Derhalben schreit er überlaut: » Gueter fründt, stich,

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wie du wellest, so verschon mir diser wandt! daran hab ich mein geigen hangen;

Darmit thue ich mich erneren
Und des hungers erweren.

Mein handtwerk ist für faule gesellen,
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Die weder hewen, schneiden, noch sonst halt arbaiten wellen.«

So baldt dise wort vom velkle uf dem lotterbet vernommen, do war kain feiren oder umbsichsehen mehr. Es machten sich huren und buben darvon; lenger wolten sie nit bleiben,

Sonder liefen zu dem stall;
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Da verbrachten sie die überig nacht mit schall.

  1. fürchten] hs. fruchten.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band IV. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1882, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_4_010.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)