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* [1463] Es möcht die jung baurendirn auch gesagt haben, wie ainest ain fromme dochter sprach:

»Ich schimpfet heint mit unsern knecht,

Mich daucht, er thette im nit recht;
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Sein ding kam mir in dhandt gar bloß,

Das wuchs darin so lang und groß;
Hett ichs gehapt ain stund beim zaum,
Es wer gewachsen, wie ain wissbaum[1].« *

Es hat sich sonst in diesem jar noch ain gueter,

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lecherlicher handel im closter zu Waldt begeben. Es kamen zwo closterfrawen auser dem Hernnersperg[2], ein junge und ein alte, zu der aptissin geen Waldt, war eine von Rotenstain. Die hetten allerlai bevelch von irer maisterin wegen bei der aptissin zu verrichten. Es behielt die aptissin die gueten

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closterfrawen bei sich ein tag oder etlich. Mitlerweil, als ain badttag zu Waldt, giengen die frembden closterfrawen mit andern frawen zu badt. Nun ist aber die badtstuben zu Waldt underschlagen mit brettern, das die weiber von den mannen abgesöndert, iedoch ain tail den andern von

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wegen der britternen wandt wol hören mag. Wie nun das badt am bösten, füegt sich, das etlich pauren und kriegsleut an der britternen wandt saßen, die vom niderlendischen krieg zwischen kaiser Carln und künig Francisco von Frankreich ersprachten. Sie vermeldeten etlicher landtsleut, die

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sie in selbigen zug verloren; der ein war erschossen, der ander sonst umbkommen, der dritt gestorben. Das mogt nun die jünger non user dem Hernnersperg, hieß die Österteufin, die an der andern seiten der britternen wand saße, alles wol hören. Letstlich sprücht ainer under den kerlen:

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»Ir habt noch ains ehrlichen manns vergessen, den wir verloren, nemlich des Ostertaufs; mich hat kum eins mentschen mein lebenlang mer gerewt, als sein, wie man im den kopf abgeschlagen.« Wie die jung non dise wort vernimpt, die dann hievor umb ires brueders todt und das er eins solichen

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schandtlichen tods solt gestorben sein, nichs gewisst, facht sie überlaut an zu schreien im badt: »O we! o we!« und nichs weiters geredt, fert sie im badt uf und lauft also nackendt zur badtstuben hinauß. Ir gespill, auch andere


  1. wissbaum] vgl. Fastnachtspiele s. 1454.
  2. Hernnersperg] es ist wohl das nonnenkloster Herrmansberg im bezirksamte Überlingen gemeint; s. Kolb, Lexicon von Baden II, 64.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band IV. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1882, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_4_011.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)