Seite:De Zimmerische Chronik 4 035.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


verderpt hat. User solchen und andern ursachen ist das schloß abgangen und das dach sampt allem holzwerk, seitmals das sonst in einer kürze het megen einfallen, ab den mauren gethon worden, zu dem das gespenst, das von

5

unverdechtlichen jaren darin terminiert, den dienstleuten, weibs- und manspersonnen, sovil widerdrieß angethon und erschreckt, das es ein übermase gewesen und niemands gern darin gedienet. Man hat manichmal seithere, als das schloß öde gestanden, etwann ein halbe, etwann ain ganze nacht liechter

10

in den stuben gesehen, oder doch so hat man vermaint, es seien liechter darin, so hell ist es gewesen. Vilmals haben die nechsten nachpurn ein groß gerumpel gehört, aber man hat nit wissen megen, was das gewesen. Aber was will ich von dem sagen, das, seithere das schloß öde gestanden,

15

sich darin begeben? Ich bin [1022] manche nacht selbs darin übernacht gewesen und ain diener bei mir in der cammer, auch ain nachtliecht gehapt. Vil seltzames ding hab ich gehört, gleichwol mir, Gott lob! nichs ungehewrs nie zu sehen worden. Wie oft aber ist mir gewesen, als ob lauter

20

geisen im haus umbher laufen, auch etwann die under stiegen hinab in hof springen! Ich bin uf ein zeit dohin selb ander kommen, nach dem nachtesen schlaffen gangen. Umb mitternacht erwacht, hab ich ein gedöß und schlachen (wie dann der rossstal domals war) under mir gehört, nicht anders,

25

als ob die ross ledig, einandern bißen und schlüegen, nachgends, als ob sie ganz ledig und frei im hof umbher liefen, so urschaidenlich, als ob es helles tags beschehe. Ich wackt den diener, hieß Enderle Scheffer, ein unverzagt man und der domals gleichwol hart schliefe, und zweifelt einmal, es

30

gieng nicht recht zu, sonder das gespenst trib also sein affenwerk, die zuhörer damit zu laichen. Iedoch, als mich so gründtlich bedauchte, ich hörte die ross im hof laufen, zu zeiten still steen, an ainandern schmacken und schnarchen und dann wider umb sich schlahen, do ließ ich den

35

diener, der auch meiner mainung war, ufsteen. Der thett sich eilendts an, nam sein schwert und lief mit eim liecht hinab in den stall. Er kam aber gleich wider, hett den stal beschlossen gefunden, wie er solchen den abendt darfor gelasen und die ross in der strewe ligendt schlafen. Gleichwol

40

sahe er kaim mentschen gleich. Nit waiß ich, was er gesehen oder gehört; er wolt mir uf meine fragen nit vil antwurt geben, legt sich wider nider. Morgends wolt ich auch


Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band IV. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1882, Seite 35. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_4_035.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)