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In nachgendem jar, anno 1555, begab sich sommerszeiten ein lecherlicher handel zu Mösskirch. Es war ein junger priester alda, so ein caplonei und darzu den helferstandt versahe. Wie man nun sagt, das einest ein scheffer

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ein testament gemacht, darin er seine claider den hecken het vermacht, die in vor regen beschürmbt, den welfen die schaf, die sein hetten verschont, so dann sein jungs und liebs weib den pfaffen, damit sie hinfüro auch guet leben het, also wolt diser pfaff sich solchs testaments auch

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behelfen und macht sein kuntschaft mit eins burgers frawen zu Mösskirch. Zu der wandlet er so tags so nachts und so unverholen, das zu besorgen, wo das der eheman gewar, villeucht ein todschlag hierauß het ervolgen megen. Derhalben er mermals von der obrigkait gewarnet, abzusteen,

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auch sich des haus zu enthalten. Dess alles wolt nit verfahen, also wardt hierüber weiter befelch geben und hetten die amptleut guete achtung uf den pfaffen. Der wardt unlangs hernach abermals in des burgers behausung verkuntschaft, derhalben das haus umbstellt. Das markt der pfaff,

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derhalben er eilendts der frawen stiffel anlegt und ein roten underrock. Darzu half im die fraw mit allen trewen, und wie sie im eben den schleir will ufsetzen (dann also vermumpt vermainte er zu entrinen und user der statt zu kommen), da tringen die verordneten ins haus und finden den

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pfaffen im abenteurlichen corrock, wie iez gesagt. Also, wie man sagt: »Qualem te invenio, talem te judico«, nammen sie die wescherin gefangen im roten weibsrock und nit den pfaffen, und fürten in ganz sicherlichen über den mark. Zu allem glück war selbigs tags ein wochenmark, darzu ein

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capitel, also das der dechan und vil frembder priester[1] uf dem mark in eim würtshaus zum Schwanen. Wie man nun den pfaffen daher fürte, do kuntens die pfaffen all wol sehen, und war ein sollichs zulaufen vom volk biß für die gefengknus, als ob es ein mehrwunder wer. Es konte niemandts

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ine genug besehen, seitmals er in den weißen frawenstiffeln so hoch ufgeschürzt [1118] war; darzu im der schleir abgerissen und noch am hals hienge, also das man ime die blaten sehen konte, auch ine sonst menigclichen wol kante. Er ward in cappis et cotis, wie einest ein ungelerter pfaff

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sprach, in die gefengknus gefüert. Der graf wolt ine seines


  1. priester] hs. pflester.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band IV. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1882, Seite 204. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_4_204.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)