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zu Wimpfen[1], dahin dann das camergericht dozumal den sterbend von Speir war geflohen, ain gaistlichen spruch gemacht, darein zuo anfang der reimen[2], so dieselben buchstaben vermerkt, sein nam und cammergerichtsampts

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verwaltung befunden, sampt der jarzal, und sagt der spruch vom dodt, darbei dann allerhand hailsame leeren, zur andacht und gottselligem leben weisend. Und wiewol solch gegenwürtig capitel lengest hievor sollt eingepracht sein worden, so ist es aber übersehen iedoch darum nit zu

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underlassen, sonder zu langkwüriger gedechtnus hierin zu vermelden, und facht solcher spruch[3] an ex abrupto, wie man sagt:


Wöllt ir mentschen selig werden,

Ir müeßt lassen sind uf erden,
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Leuplich gelüst und freulichkait;

Hart bitten Gott umb selligkait,
Erberlich hie im zeit leben;
Leuchtlich wurdt euch[4] gnad geben,

Mit der ir megt sellig werden,
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Wöllt ir hie uß[5] diser erden

Euch mit fürsatz zu im schicken,
Rät des teufels und sein stricken
Nit volgend, noch auch diser welt

Hertigclich der mentsch in sind fellt,
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Ellend auch darin bleibt[6],

Rufft er nit zu Gott und wider treipt
Gar bald bess begird mit rainem gebett,
Richt sich selb zu bleiben hert und steet.

Alsbald ain mentsch ain sollichs thut,
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Von stund an wurt all sein sach gut;

Er befilcht sich Gott von herzen[7]
Und achtet nit der welt scherzen,
[1146] Noch aller irer falschen list,

Dieweil es trug und zergengklich ist,
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Halt nichs[8] in, dann trüebselligkait;

Ee ain liebs[9], kumend hundert laid.
Recht wie der schat ist unser leben.


  1. Wimpfen] s. oben band III, 220, 37 und 222, 42.
  2. zuo anfang der reimen] schon im anfange des 14ten jahrhunderts war es eine beliebte spielerei deutscher poeten, die namen in akrostichen anzugeben, wie z. b. Konrad von Ammenhausen in seinem Schachzabel.
  3. spruch] derselbe befindet sich auch in etwas späterer abschrift in der vom grafen Wilhelm Wernher von Zimmern zusammengestellten handschrift nr. 123 der hofbibliothek zu Donaueschingen bl. 127b—130a. Nach ihr konnten mehrere verdorbene stellen unsers chroniktextes hergestellt werden.
  4. euch] hs. 123 Gott auch.
  5. uß] hs. 123 uf.
  6. bleibt] hs. 123 ligen bleibt.
  7. herzen] hs. 123 ganzem herzen.
  8. nichs] hs. 123 gar nichs.
  9. ain liebs] vgl. Eiselein a, a. o. s. 427.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band IV. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1882, Seite 234. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_4_234.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)