einzugehen, die ihr Gefühl verletzten. „Wo keine Ausgleichung möglich, ist Trennung nothwendig, schrieb sie, denn in der Reibung feindlicher Elemente erzeugt sich Giftstoff, dem die Seele unterliegt indem sie erbittert wird. So weit war es mit uns gekommen, daher lag nur Rettung in der Trennung, und von meiner Seite wenigstens ist sie durchaus ohne Haß, mit voller Besonnenheit und Ueberlegung bewerkstelligt, denn seit anderthalb Jahren lag sie mir vor als der Hafen des Heils.“
Aurora wollte Cornelien begreiflich machen, daß keine irdische noch göttliche Macht sie des Eides entbinden könne, den sie geleistet habe: ihrem Gatten in Liebe und Gehorsam anzuhängen. Cornelie antwortete: „Keine Macht – aber wol mein Gewissen; und das ist meine höchste Instanz.“ – Aurora stellte ihr die Sitte, das Urtheil der Welt, die Heiligkeit ihres Rufes als unantastbare Rücksichten vor um die sich eine weibliche Existenz wie um die Sonne bewegen müsse, und wer sich in dieser Sphäre rein und fleckenlos erhalte, dürfe sich auf sein gutes Gewissen berufen, aber nicht der, welcher aus ihr heraustrete. „In welchen Zustand würde die Gesellschaft gerathen, schrieb sie, wenn jene allgemein gültigen und allgemein verständlichen Gesetze von
Ida von Hahn-Hahn: Zwei Frauen. Zweiter Band. Berlin 1845, Seite 105. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Frauen_(Hahn-Hahn)_v_2.djvu/106&oldid=- (Version vom 31.7.2018)