Dresden aufhielt. Er erkannte sogleich Gotthards Hand, erbrach ohne Umstände den Brief, und las, daß der Fürst von einer zweijährigen Reise in den Orient zurückgekehrt sei und nach Altdorf kommen wolle. Höchst gelassen warf Eustach den Brief ins Feuer. Da der gute Fürst – dachte er dabei – nicht die geringste Ahnung hat was aus Cornelien geworden ist und wo sie lebt: so mag er denn auch ferner ohne Nachricht von ihr und über sie bleiben. Ich wäre wol ein Narr ihr den Brief zu schicken, damit sie eine Correspondenz mit ihm anknüpfte, die weiß Gott in welche Intimität übergehen könnte. Je mehr sie sich langweilt, um desto früher wird sie zur Besinnung über ihre Thorheit kommen. Diable! der gute Gotthard hatte immer nicht übel Lust mit aller Vehemenz deren er fähig war sich in sie zu verlieben. Damals schien mir das gar nicht bedenklich .… jezt – sehr! Sie in Zürich, er auf Callenberg – das beruhigt mich über meine Bedenklichkeit.
Gotthard wartete in Callenberg vier Wochen auf Antwort. Als sie ausblieb setzte er sich in den Wagen und fuhr ohne Umstände nach Altdorf. Cornelie konnte ja krank sein – todt sein. Ihm vergingen die Sinne bei dieser Vorstellung. An einem trüben Novembertage kam er in Altdorf an.
Ida von Hahn-Hahn: Zwei Frauen. Zweiter Band. Berlin 1845, Seite 123. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Frauen_(Hahn-Hahn)_v_2.djvu/124&oldid=- (Version vom 31.7.2018)