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Selbstentwicklung, standhaft erstrebt zu haben. In diesem Bestreben war das Glück untergegangen und die Liebe entflohen; aber Glaube und Kraft waren geblieben. „Was könnte mich jezt noch schmerzen, jezt noch erschüttern? Mir kommt meine Seele wie in den Styx getaucht vor;“ – schrieb sie in ihr Tagebuch.

Da erkrankte Tristan am Scharlachfieber, und tödtlich. O Gott! betete Cornelie auf ihren Knien, hast Du mein vermessnes Wort gehört und willst mir zeigen wo meine arme Seele verwundbar ist? – – Es war an einem schwülen Abend; die Gewitterwolken wälzten sich schwer und schwarz über den See. Nicht ein Stern funkelte, nicht ein Lufthauch wehte erquickend. Es lag jener Druck auf der Natur, der sich auch den reizbar organisirten Menschen mittheilt, so daß er sich zuweilen als körperliches Unbehagen bei ihnen ausspricht, und zuweilen eine Seelenstimmung erzeugt in welcher die Erde so recht wie ein Gefängniß erscheint. So war es Cornelien zu Sinn. Sie saß am Bett des Knaben, der im heftigsten Fieber mit starren verglasten Augen dalag, und erwartete ungeduldig den Arzt – um doch wenigstens Etwas zu erwarten, und nicht vor der Zeit in Apathie zu versinken. Sie hofte eigentlich nicht mehr! Sie dachte auch nichts, sie wünschte nichts, sie glaubte nichts! ihr geistiges

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Ida von Hahn-Hahn: Zwei Frauen. Zweiter Band. Berlin 1845, Seite 149. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Frauen_(Hahn-Hahn)_v_2.djvu/150&oldid=- (Version vom 31.7.2018)