„Für jezt .… ist das Kind gerettet!“ sprach er gegen Morgen.
„Gerettet! gerettet! .… Bote des Heils!“ jauchzte sie, und warf sich in extatischer Freude auf die Knie.
Die ersten Stralen der aufgehenden Sonne fielen wie eine unermeßlich selige Botschaft in ihr jubelndes Herz. Tristan genas wirklich, und schon nach drei Tagen wurde er außer Gefahr erklärt. Da erkrankte Dorothee am Scharlachfieber, und Leonors Anwesenheit war ebenso trost- als hülfreich für Cornelie, welche das unruhige Kind und die Kranke nicht zugleich pflegen konnte, und doch Keines von Beiden nur einer Wärterin anvertrauen mogte.
„Sie sind recht zur gesegneten Stunde zu uns gekommen,“ sagte Cornelie gerührt zu Leonor, der weder bei Tag noch bei Nacht die Schwester verließ.
„Mögte sie auch für mich segenvoll sein und die Schwester mir erhalten werden, entgegnete Leonor; sie ist das einzige Wesen auf der Welt mit dem ich durch Bande des Bluts, der gemeinschaftlichen Kindheit, des tiefsten Vertrauens, der herzlichsten Liebe zusammenhänge – zu dem ich gehöre durch heilige traurige Erinnerungen an die dahingeschiedenen Eltern – auf das ich durch die Natur in Leid und Freude angewiesen bin als auf eine Freundin. Ich bin sehr einsam in der Welt, gnädige Gräfin, und
Ida von Hahn-Hahn: Zwei Frauen. Zweiter Band. Berlin 1845, Seite 155. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Frauen_(Hahn-Hahn)_v_2.djvu/156&oldid=- (Version vom 31.7.2018)