„Das hängt von Dir ab! allein ich gehe.“
„Du gehst, Cornelie? Du fliehst mich? und ich komme um Tod oder Leben von Dir zu holen.“
„Was willst Du, Leonor?“ fragte sie sanft.
„O nur bei Dir sein, mein Engel!“ sprach er, sank vor ihr nieder und sah sie flehend an. „Es ist ja heute wie es gestern war .… gönne uns doch den Genuß eines stillen Glücks.“
Sie legte ihre Stirn an die seine; mit unbestechlicher Wahrheit blitzten ihre mächtigen Augen ihn an.
„Leonor! Du behauptetest früher die Erklärung der Liebe ändre nichts in unsrem Verhältniß. Jezt frage ich Dich: hat es sich nicht seitdem geändert? – Du darfst nicht Nein sagen. Jezt meinst Du abermals der Ausbruch lange unterdrückter Leidenschaft ändre nichts. Die Hand aufs Herz, Leonor: glaubst Du das? – Du darfst nicht Ja sagen. – Ich war schwach genug Dir damals zu glauben .… und ich war's .… weil ich schwach sein wollte! Es ist so gräßlich, Leonor, immer stark sein, immer den Panzer tragen zu müssen unter dem das Herz gar nicht seinen freien Schlag thun kann. Aber Leonor! der Mensch hat nur die Wahl zwischen dem Panzer und der Verblutung. Ich habe gewählt. Leb wol, mein geliebter Leonor.“
Ida von Hahn-Hahn: Zwei Frauen. Zweiter Band. Berlin 1845, Seite 197. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Frauen_(Hahn-Hahn)_v_2.djvu/198&oldid=- (Version vom 31.7.2018)