Seite:De merian Westphaliae 031.jpg

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Anno 1638. im Augstmonat / erlitte sie eine grosse Fewersbrunst. Das folgende Jahr lagen Keyserisch- vnd Schwedische hierumb; vnnd blieb auch sonsten die Statt nicht vnangefochten. Wiewol sie sich damals durgebracht / vnnd sich nachmals mit ihrem eygenen Volck erhalten. Besiehe vnten ein mehrers im Anhang von Engern / vnd deren von daselbst anhero transferierten Canonicasey.


Vom Stifft Hervord.

Das Stifft Hervord / ist ein Keyserlich frey weltlich Stifft / in der Reichs-Statt Hervord gelegen / von hohes Stands Personen / Gräfflichen / auch vnterweilen Fürstlichen Fräwlein / gleichsfals vier Hebdomadarien geringern Standes / vnd andern Beneficiaten bestellet. Von Päpsten vnd Keysern mit sondern Privilegien versehen. Darvon die Abtissinne das Haupt / vnd ein Immediat-Stand deß Reichs ist. Welches Stiffts Angehörige sich vber hundert Jahren zur Augspurgischen Confession mit bekannt.

Primus ejus fundator putatur fuisse Waltgerus. Habitavitis, prout Latina verba sonant, in monte Dorenberg / ex Patre Dedda, et matre Ecwi Christianis natus, possessionibus et facultatibus ditissimus. Habuit avum Adolphum, gentilem, et aviam paganam. Adolphus ille fuit Secretarius Wetekindi Regis Saxonum, qui cum ad Carolum Magnum piscationis et venationis dona misisset, ab eo fuit accersitus, et sacris sermonibus ita imbutus et conversus, ut lavacro salutis fuerit ablutus, et baptisatus, eo tempore, quo Winfridus, qui et Bonifacius natione Brito, in Gallia, Suevia, Francia, Hassia, et Thuringia verbum Domini praedicavit. Waldgerus claruit tempore Ludovici Pii, Caroli Magni filii, qui Patri in Imperio successit. Is postquam à Parentibus solicitè educatus est, virtutum operibus et pietate in pueritia florere caepit, et hujus mundi voluptates vilipendere: indeque constituit patre et matre mortuis, omne suum patrimonium in honorem Dei conferre. Ideoque Anno 832. erexit aedem Ecclesiae, Hervordiae eo loco, quo Capella Waltgeri conspicitur, ubi in superficie reperiuntur haec verba: Princeps hujus terrae Waltgerus, primus fundator Ecclesiae Hervordensis. In ingressu sive vestibulo ejusdem Capellae haec leguntur. Nobilis Litehardis de Bickenen Abba: hanc basilicam Anno Domini 1356. reparavit.


Vom Stifft auff dem Berge / vor Hervord.

Das Stifft auff dem Berge / ist ein Adelich Stifft / von Adelichen Jungfrawen / so von Adelichen Geschlechten vollnkommen gebohren / bestellet. Vnter welchen etliche mit Aemptern belegt / als Decaninne / Probstinne / Custerinne / etc. Ob nun wol solches in der Statt Hervord Bottmässigkeit gelegen / so hat gleichwol die Abtissinne deß Stiffts Hervord / darüber / so viel die geistliche Güter / vnnd Personen / oder Beneficiaten betrifft / die Collation vnnd Coexcition. In der Kirchen / darinn nicht allein genante Stiffts-Jungfrawen / gehören / sondern auch etliche Vnterthanen auß dem Stifft Minden / Herrschafft Vlothe / vnd der Statt Hervord Gebieth / ist nach Abschaffung deß Papstthumbs von vielen Jahren hero / die Lehr der Augspurgischen Confession geprediget vnnd getrieben / auch werden darinn die Ceremonien nach der Statt Hervord Kirchenordnung angestellet vnd gehalten. Von der Fundation werden in derselben Kirchen / vber das Gemähld / da abgemahlet / wie eine Taube erschienen einem Hirten / vnd demselben befohlen / der Abtissinnen anzusagen: Daß alldar solte eine Kirch vnd Stifft gebawet werden / diese Lateinische Wörter befunden:

Hanc visionem gloriosa virgo Maria, per quendam pauperculum devotissimae memoriae pastorem, Abbatissae Hervordiensi revelare, et manifesto visu ostendere dignata est, sub Anno 1111. (vel potius 1011. nam eo tempore praeclarus ille Episcopus Meinwercus vixit) die Sanctorum Martyrum Gervasii et Protasii, tempore Sancti Meinwerti Episcopi Paderbornensis, qui et hanc visionem per varias probationes examinavit, et approbavit, et hunc locum ad honorem ejusdem sanctae Dei genitricis Mariae consecravit, accedente ad hoc approbatione et confirmatione sanctissimi in Christo patris, et Domini, Domini Gregorii Papae Quinti.

Es wird auch alldar in der Kirchen an dem Altar / im Heiligthumbhause gezeiget / mit der eisern gegitterten Thür beschlossen / ein Stück vom Stamm deß Baums / darauff die Taube soll gesessen seyn / welche dem Hirten offenbaret / die Erbawung der Kirchen / vnd deß Stiffts. Auff Gervasii Tag / den 19. Junij vnd Vortag / wird alldar Jährlich auff / vnd vmb den Berg / ein berühmbter Jahrmarckt / der Visions-Marckt genant / gehalten.

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Westphaliae. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1647, Seite 32. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_merian_Westphaliae_031.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)